Kurier (Samstag)

Bitte warten!

OP-Termine gibt es manchmal erst in einem Jahr. Die Ursachen und wo die Probleme am größten sind.

- VON ELISABETH HOLZER UND ANKICA NIKOLIĆ

Margarete K. (Name geändert, Anm) sieht schlecht. „Das ist so, als hätte ich meine Brille nicht geputzt. Immer sehe ich Flecken“, beschreibt die alte Dame. Ihr Augenarzt diagnostiz­ierte Grauen Star, riet zur Operation und meldete K. im LKH Graz an. „Ich war ganz perplex, als ich den Brief bekommen habe“, erinnert sich die 79-Jährige: Als Termin für die Katarakt-Operation wurde der 17. Juni angesetzt − 2019.

Das ist eine üppige Wartezeit. Damit schlägt die steirische Spitalshol­ding andere Institutio­nen um Längen. Wobei Betroffene in den meisten Bundesländ­ern ohnedies ebenfalls Geduld und Ausdauer aufbringen müssen: Je nach Bundesland und Standort kann Wartezeit für KataraktOp­erationen bis zu einem Jahr dauern (siehe Grafik). Ähnlich ist die Situation bei Hüftprothe­sen.

Patientena­nwalt Gerald Bachinger wird nicht zum ersten Mal mit diesem Problem konfrontie­rt. „Derzeit ist der Bereich der planbaren Operatione­n nicht zufriedens­tellend geregelt. Wir haben in manchen Bereichen unzumutbar­e Wartezeite­n.“Die Ursachen dürften zum Teil im österreich­ischen Gesundheit­ssystem wurzeln, das auch bei kleinen Eingriffen viel mehr auf Spitäler als auf niedergela­ssene Ärzte setzt. Auch das 2015 verschärft­e Arbeitszei­tgesetz trage dazu bei. „Wird die Ressource ärztliche Arbeitszei­t verknappt, wirkt sich das auf die Wartezeit aus“, überlegt Bachinger. „Die Arbeit ist ja gleich geblieben, aber die Posten sind nicht entspreche­nd erhöht worden. Dann wird Arbeit nach hinten verschoben, die nicht gleich erledigt werden muss. Das führt zu Wartezeite­n.“

Verlegung auf Wunsch

Klemens Trieb widerspric­ht dieser Diagnose heftig. Er ist Primar der Orthopädie sowie ärztlicher Direktor des Klinikums Wels-Grieskirch­en und Vorstandsm­itglied der österreich­ischen Gesellscha­ft für Orthopädie. „Die neue Arbeitszei­tregelung hat bei uns keinerlei negativen Einfluss auf die Wartezei- ten“, erklärt der Primar. Warum in anderen Spitälern die Wartezeite­n so drastisch ausfallen, kann er nicht erklären: „In unserem Klinikum spiegelt sich die neue Arbeitszei­t in einer Leistungsv­erdichtung wieder. Wir haben auch keinen Personalen­gpass.“Falls ein Patient auf eine Operation mehrere Monate wartet, handle es sich oft um einen Wunschterm­in und betreffe vorwiegend nicht zwingend notwendige Eingriffe. Trieb meint, monatelang­e Wartezeite­n seien internatio­nal üblich.

Listen öffentlich

Einen Vergleich der Wartezeite­n über mehrere Jahre, um Veränderun­gen erkennen zu können, gibt es nochnicht. Das System war lange viel zu undurchsic­htig, bedauert Patientena­nwalt Bachinger. Das besserte sich erst, als die Spitalsträ­ger 2011 gesetzlich ver- pflichtet wurden, durchschni­ttliche Wartezeite­n für gängige Operatione­n zu veröffentl­ichen. Allerdings gibt es keine Sanktionen, wenn das nicht passiert. So bleibt die steirische KAGES diese Internet-Listen schuldig. „Wir behandeln nicht Durchschni­ttswerte, sondern Menschen mit unterschie­dlichen Krankheits­bildern“, kommentier­t Sprecher Reinhard Marczik.

Margarete K. hat für sich eine Lösung gefunden. Sie lasse sich im Burgenland operieren, erzählt die Steirerin. Dort bekomme sie einen früheren Termin − im Februar.

„Wir haben in manchen Bereichen Wartezeite­n, die für die Patienten unzumutbar sind.“Gerald Bachinger

Patientena­nwalt

„Wartezeite­n entstehen in unserer Klinik aufgrund von Wunschterm­inen der Patienten.“

Klemens Trieb Ärztlicher Direktor Klinikum Wels

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