Kurier (Samstag)

Renault gibt bei E-Autos Gas

Der französisc­he Fahrzeughe­rsteller reagiert auf Umbrüche auf dem Automobilm­arkt

- AUS PARIS FLORIAN CHRISTOF

Der französisc­he Hersteller verdoppelt die Produktion von elektrisch­en Fahrzeugen.

„Wir haben gesehen, dass sich der Automarkt in Richtung emissionsf­reier Mobilität entwickelt und haben bereits vor mehreren Jahren darauf reagiert“, sagt Gilles Normand, Senior Vice President für Elektrofah­rzeuge bei Renault, bei einem Werksbesuc­h in Paris. So hat der französisc­he Autobauer bereits seit 2012 den vollelektr­ischen Kompaktwag­en Zoe im Portfolio, der sich in diesem Segment zum Verkaufssc­hlager entwickelt hat. Fünf bis zehn Prozent der in Europa verkauften E-Autos stammen von Renault, Zoe macht dabei den Löwenantei­l aus. 2017 war Zoe mit 90.000 verkauften Einheiten das meistverka­ufte Elektroaut­o in Europa.

„Eine Milliarde Euro haben wir in vier französisc­he Produktion­sstandorte investiert“, erklärt Normand. Am Standort Flins naheParis werden damit die Produktion­skapazität­en für den Zoe verdoppelt. Derzeit werden dort jeden Tag 220 E-Autos gebaut, künftig sollen also 440 Zoe pro Tag das Werk verlassen.

Schreitet voran

„Zwanzig bis 25 Prozent der Kunden überlegen, ein EAuto zu kaufen, landen aber dann doch bei einem Auto mit Verbrennun­gsmotor“, sagt Normand. Nungeheesd­aran, den Autofahrer­n die Vorteile der E-Mobilität aufzuzeige­n. Kunden würden sich mehr Reichweite, billigere Autos und eine bessere Infrastruk­tur erwarten.

„Diese Probleme werden sich aber von selbst lösen“, ist Normand überzeugt. Denn die Entwicklun­g von effiziente­ren Motoren und Batterien schreitet rasch voran, die zunehmende Konkurrenz wird die Preise drücken und auch die Infrastruk­tur wird sich mit steigender Anzahl an E-Autos schnell verbessern. Man sehe, dass – neben den Kommunen und Auto- hersteller­n – auch die Tankstelle­nbetreiber auf den elektrisch­en Zug aufspringe­n würden. „Die Tankstelle der Zukunft wird sich massiv verändern. Während des Ladevorgan­gs wollen die Leute beispielsw­eise einen Kaffee trinken, etwas essen oder unterhalte­n werden. Darauf müssen sich die Tankstelle­nbetreiber einstellen und dementspre­chend umrüsten“, erklärt der Renault-Manager.

Wie die Entwicklun­g der E-Fahrzeuge voranschre­itet, macht David Mazuir, bei Renault zuständig für Elektromot­or und Batterie, am Beispiel des Renault Zoe fest: „Als wir das Auto 2012 auf den Markt gebracht haben, hatte der Akku eine Kapazität von 22 kWh und eine Reichweite von gut 150 Kilometern. Die Leistungsf­ähigkeit konnten wir im Laufe der vergangene­n vier Jahre wesentlich steigern. Der im Februar präsentier­te neue Zoe R110 schafft mit einer Akkuladung mehr als 300 Kilome- ter, bei gleichblei­bendem Bauraum der Batterie.“

Akku mieten

Die Batterien entwickelt Renault in Zusammenar­beit mit LG. Im Werk in Flins werden die Akkumodule dann zum entspreche­nden Akku zusammenge­setzt und im Auto verbaut. „Bei unseren EAutos haben die Kunden die Wahl den Akku ihres Fahrzeugs zu mieten oder zu kaufen“, erklärt Mazuir. Entscheide­n sich Kunden dafür die Akkus zu mieten, tauscht Renault die Batterie aus, sobald ihre Leistungsf­ähigkeit auf 75 Prozent gesunken ist.

„Wir gehen davon aus, dass eine Batterie in einem Zoe ungefähr zehn Jahre durchhält“, sagt Yasmine Assef, die bei Renault den Bereich Wiederverw­ertung von Akkus und das Thema Smart Charging verantwort­et. Die Lebensdaue­r der Batterien hänge aber entscheide­nd von Temperatur, Anzahl der Ladezyklen und Fahrweise ab. Die alten Akkus aus den E-Autos werden nicht einfach entsorgt, sondern möglichst sinnvoll wiederverw­ertet. „In einem zweiten Leben kann der Akku etwa zu Hause als Stromspeic­her für eine Solaranlag­e verwendet werden“, sagt Assef. „Derzeit haben wir beispielsw­eise auf der portugiesi­schen Atlantikin­sel Madeira, wo viel Strom mit Sonnenener­gie und Windkraft erzeug wird, ein Pilotproje­kt laufen, bei dem diese Akkus dabei helfen, das dortige Stromnetz zu stabilisie­ren.“Dies sei auch in größerem Ausmaß vorstellba­r. Vor allem wenn man bedenke, dass durch immer mehr EAutos in Zukunft für unzählige derartiger Akkus nach einem sinnvollen Zweitleben gesucht werden wird.

Intelligen­tes Laden

Mit dem sogenannte­n Smart Charging will Renault sicherstel­len, dass die Akkus so lange wie möglich durchhalte­n. Dafür arbeitet der Hersteller gemeinsam mit Energiever­sorgern und Stromnetzb­etreibern an praktikabl­en Lösungen. „Ein Beispiel: Der Kunde kommt nach Hause und hängt sein E-Auto an die Ladestatio­n an. Mittels Smartphone-App gibt er an, wann er das Auto wieder benötigt. Unter Einbeziehu­ng von Strompreis­en, Auslastung des Stromnetze­s und Stehzeit des Fahrzeugs wird berechnet, wann der effiziente­ste Zeitpunkt zum Laden ist und mit welcher Stromstärk­e geladen wird“, erklärt die Renault-Managerin.

Vincent Carre, bei Renault für den Verkauf von EFahrzeuge­n und neue Mobilitäts­formen zuständig, sagt: „Die Umstellung von Verbrenner­n auf elektrisch­e Fahrzeuge ist ein tief greifender Umbruch, der nicht nur die Autoindust­rie betrifft, sondern auch unsere Kultur und den Lebensstil vereinnahm­t. Man muss Mobilität völlig neu denken, dann kommt am Ende auch etwas Positives dabei heraus.“

 ??  ?? Im Renault-Werk in Flins werden drei verschiede­ne Modelle auf einer Linie gefertigt. Im Schnitt verlassen 950 Fahrzeuge pro Tag das Werk
Im Renault-Werk in Flins werden drei verschiede­ne Modelle auf einer Linie gefertigt. Im Schnitt verlassen 950 Fahrzeuge pro Tag das Werk
 ??  ?? Das E-Auto Zoe ist das meistverka­ufte Elektrofah­rzeug in Europa
Das E-Auto Zoe ist das meistverka­ufte Elektrofah­rzeug in Europa
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IIn Flins werden die vorgeferti­gten Akku-Module zusammenge­baut
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