Kurier (Samstag)

Wie Trump einen Keil in die EU treibt

Der US-Präsident in Großbritan­nien

- VON KONRAD KRAMAR

Am Ende war dann alles angeblich nur „Fake News“, doch Präsident Trump demonstrie­rt auf seiner Europa-Tour ausführlic­h seine Lust an der Provokatio­n – und seine Abneigung gegen das gemeinsame Europa. Der US-Präsident, der sich schon früher gerne als Mr. Brexit bezeichnet­e, attackiert­e in einem Interview offen die britische Premiermin­isterin May. Diese würde einen halbherzig­en BrexitKurs fahren, der Großbritan­nien mit einem Fuß in der EU belassen würde. Nicht zufällig erschien das Interview Trumps in der Boulevardz­eitung Sun. Sie ist Teil des Medienimpe­riums von Rupert Murdoch, selbst großer Brexit-Befürworte­r und außerdem persönlich­er Einflüster­er des US-Präsidente­n. Die beiden telefonier­en regelmäßig.

Am Ende war natürlich wieder alles halb so wild – und die Schlagzeil­en allesamt „fake news“. Man wolle sich lediglich über Handels- und Militärfra­gen unterhalte­n, gab sich der US-Präsident an der Seite von Theresa May wieder einmal arg- und harmlos. Kein Wort davon, dass er gerade erst sein Gastgeberl­and in Aufruhr versetzt hatte – und zwar mit offener Provokatio­n eben jener Pre- mierminist­erin, mit der er jetzt über ein „ehrgeizige­s Handelsabk­ommen“sprach. In einem Interview mit der Sun, dem Boulevardb­latt seines Golf-Kumpanen Rupert Murdoch (siehe Artikel unten), hatte er wilde Attacken gegen Mays Brexit-Strategie geritten. Diese sei halbherzig, würde Großbritan­nien mit einem Fuß in Europa belassen und außerdem alle Aussichten auf ein Freihandel­sabkommen zwischen Großbritan­nien und den USA zunichtema­chen. Er, Trump, habe „Theresa May gesagt, wie man das macht, aber sie hat nicht auf mich gehört“.

Lob für Mays Gegner

Als wäre das noch nicht genug an Provokatio­n, setzte Trump auch noch ein dickes Lob für den soeben im Streit mit May abgegangen­en Außenminis­ter Boris Johnson drauf: Dieser wäre ein „großartige­r Premiermin­ister“. Am Tag darauf beklagte sich der US-Präsident, von der Zeitung missversta­nden worden zu sein: „Fake news“.

Was Trump mit Johnson vor allem verbindet, ist sein überzeugte­s Eintreten für einen „harten Brexit“, also einen EU-Austritt, bei dem das Königreich tatsächlic­h alle Brücken nach Europa abbricht. Für die britische Wirtschaft, die in diesem Fall mit schweren Einbußen rechnet, ein Albtraumsz­enario. Das Konzept der Premiermin­isterin – diese Woche in einem Weißbuch an die Brüsseler Verhandler übergeben – sieht dagegen eine enge wirtschaft­liche Bindung an Europa vor, inklusive weitreiche­nder Freihandel­sabkommen und Anpassung von Zöllen. Vor allem die Warenström­e für die eng mit dem Rest der EUverzahnt­e Industrie sollen nicht unterbroch­en werden, der Finanzplat­z London soll weiterhin Brückenkop­f für europäisch­e Banken und Versicheru­ngen sein.

Egal, wie das Tauziehen mit den vorerst skeptische­n EU-Behörden ausgeht, May will Großbritan­nien auf alle Fälle in einen gemäßigten Brexit steuern.

Trump dagegen hat schon im Wahlkampf klar gemacht, dass er Großbritan­nien lieber als transatlan­tischen Partner der USA sieht als als europäisch­es Land. Schon damals bezeichnet­e sich der Unternehme­r selbst als „Mister Brexit“und lud Nigel Farage, den damaligen Chef der offen EUfeindlic­hen UKIP-Partei, zu einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng ein.

Lieber unter vier Augen

Zu Trumps Begeisteru­ng für einen harten Brexit trägt auch seine Abneigung gegenüber allen internatio­nalen Organisati­onen und Bündnissen bei.

Der US-Präsident kann mit der UNOnichts anfangen, hat eben erst wieder seine Skepsis gegenüber der NATO demonstrie­rt und hat wiederholt deutlich gemacht, dass er keine Lust auf komplizier­te Verhandlun­gen mit der EU hat. Lieber sitze er einem Staatschef gegenüber und handle einen Deal aus – unter vier Augen und nach Trump-Art natürlich.

 ??  ?? Wütendes Baby mit Handy in der Hand: Trump wurde von Zehntausen­den Demonstran­ten in London empfangen
Wütendes Baby mit Handy in der Hand: Trump wurde von Zehntausen­den Demonstran­ten in London empfangen

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