Schlechter Stil
In die internationale Politik sind peinliche MachoAllüren eingezogen. Hoffentlich machen sie nicht Schule.
Ein bisschen funktioniert eine Politikfamilie wohl wie eine wirkliche Familie: Auf den verhaltensoriginellsten Verwandten wird immer am meisten Rücksicht genommen. Benimmt er sich erwartbar schlecht, hält man am besten die Luft an, um nicht den ganz großen Krach zu riskieren.
Und so hielt sich Theresa May nobel zurück, obwohl man Verständnis dafür gehabt hätte, wenn die britische Premierministerin dem amerikanischen Macho-Präsidenten eine schallende verbale Watsche verabreicht hätte. Im britischen Boulevardblatt Sun zu sagen, dass der zurückgetretene Ex-Außenminister Johnson (ein Trump-Bruder im Geiste bis hin zur Frisur) ein „großartiger Premier“wäre, ist ein unglaublicher Affront. Doch May kann sich – auch dank Brexit – keine ZollSpompanadeln ihres Partners (?) jenseits des Atlantiks leisten. Immerhin lobte Trump später ihre „fantastische Arbeit“.
Vom Unterhaltungsfaktor her ist er ein gefundenes journalistisches Fressen (davon profitieren auch USMedien). Denn so etwas haben wir an der Spitze der (Noch-)Weltwirtschaftsmacht Nummer eins bis dato nicht gesehen. Absurderweise ist Trump für die USA bisher nicht einmal von Nachteil gewesen. Der Wirtschaftsmotor brummt (während die neuen Handelsbarrieren das europäische Wirtschaftswachstum bremsen werden), Autobauer verlegen ihre Werke in die USA, die Rüstungsindustrie freut sich auf neue Aufträge, die Deutschen geloben – wieder einmal – höhere Beiträge an die NATO, es herrscht Vollbeschäftigung in den USA. Und auch wenn amerikanische Unternehmen die Politik Trumps zunehmend besorgt bewerten, glauben dennoch viele Amerikaner seine schlichte Botschaft: Bisher habe die Welt auf Amerika herumgetrampelt, das werde er nun beenden. Immerhin exportieren China und die EU mehr Waren in die USA als umgekehrt. Weil sie halt einfach billiger (China) und besser (Europa) als amerikanische Produkte sind.
Frauen, die Haltung bewahren
Die EU begegnet dem amerikanischen Bulldozer mit eher hilflosen (weil unhaltbaren) Einigkeits-Beschwörungen. Am Freitag von den Franzosen im Finanzrat vorgebracht. Apropos Frankreich: Es ist interessant zu beobachten, wie man dort versucht, Angela Merkel die Vorrangstellung in Europa abspenstig zu machen, ohne freilich die entsprechende wirtschaftliche Basis zu haben. Staatspräsident Macron hielt kürzlich in Versailles (!) Hof, um dort à la Obama eine Grundsatzrede zu halten. Welche Frau würde sich derart bombastisch in Szene setzen?
Apropos Männer und Frauen: Würde man es tolerieren, wenn sich eine Frau gelegentlich so wie „Küsserkönig“EU-Kommissionspräsident Juncker verhalten würde? Möglicherweise ist Emanzipation wirklich erst erreicht, wenn sich auch Frauen öffentlich danebenbenehmen dürfen und nicht wie Theresa May Haltung bewahren müssen. Viel besser für die „Weltfamilie“wäre aber, wenn schlechter Stil diverser „enfants terribles“keinen Erfolg hätte.