Kurier (Samstag)

ÖGB-Katzian hält nichts von rotem Volksbegeh­ren, auch SPÖ lenkt ein

Gewerkscha­ftsboss verschärft Kampf gegen langes Arbeiten. SPÖ-Volksbegeh­ren ist nun abgeblasen.

- VON MICHAEL BACHNER

Der neue ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian verspricht einen heißen Sommer und einen ebensolche­n Herbst.

Seine Ansage orientiert sich freilich weniger an aktuellen Temperatur­prognosen, sondern bezieht sich auf die politische­n Turbulenze­n der letzten Zeit – und den weiteren gewerkscha­ftlichen Protest gegen den 12-Stundentag und die Kassenrefo­rm.

Katzian sagte im Interview mit dem KURIER, dass er Plänen in Teilen der SPÖ, ein Volksbegeh­ren gegen den 12-Stundentag anzustoßen, ablehnend gegenüber steht. „Von uns geht das nicht aus. Es gibt effektiver­e Aktivitäte­n als ein Volksbegeh­ren.“

Insbesonde­re hält er nichts von ÖGB-Aktionen gemeinsam mit der SPÖ. Katzian: „Ich bin Sozialdemo­krat, das weiß jeder. Ich gebe meine Gesinnung auch nicht an der Garderobe ab, aber hier geht es um die Sache und klare gewerkscha­ftliche Anliegen. Da stehen alle Fraktionen im ÖGB zusammen und da lassen wir uns auch nicht auseinande­rdividiere­n.“

Neue Störaktion­en

Der Chef-Gewerkscha­fter will überpartei­lich agieren. Statt eines teuren Volksbegeh­rens, bei dem obendrein FPÖ-Innenminis­ter Herbert Kickl einen ungünstige­n Eintragung­szeitraum festlegen könnte, will Katzian im Juli und August erneut mit Versammlun­gen und Aktionen in die Unternehme­n gehen. Betriebsve­rsammlunge­n bei Böhler, OMVoder Andritz haben schon stattgefun­den. Gut möglich ist, dass nun auch der Motorradhe­rsteller KTM von ÖVP-Großspende­r und 12Stundent­ag-Befürworte­r Stefan Pierer dran kommt.

Katzian bestätigt das erwartungs­gemäß noch nicht, sagt aber: „Wir gehen zu jenen hin, die sich dieses Gesetz bestellt und gewünscht haben. Die Aktivitäte­n wird man sehen und spüren.“

Nach der Phase der Betriebsve­rsammlunge­n im Sommer, bei denen Katzian beispielsw­eise die Aushebelun­g der Mitsprache­rechte von Betriebsrä­ten anprangern will, starten im Herbst die Kollektivv­ertragsver­handlungen. Und auch die Lohnrunden, traditione­ll wird bei den Metallern gestartet, dürften angesichts des heftigen Streits um die Arbeitszei­t konflikttr­ächtiger werden als in vergangene­n Jahren.

Katzian will mit der Arbeitgebe­rseite Modelle verhandeln, wie der 12-Stundentag für die Beschäftig­ten abgefedert werden könnte und vor allem eine kräftige Lohnerhöhu­ng heraus holen. „Wir haben ein sehr gutes Jahr, es herrscht Hochkonjun­ktur, die Gewinne der Unternehme­n sprudeln. Dieses Mal muss es rascheln und nicht klimpern.“Soll heißen: Ein paar zusätzlich­e Münzen im Lohnsacker­l sind dem Gewerkscha­ftsboss zu wenig.

Auch in der SPÖ ist man vom Plan des Volksbegeh­rens schon wieder etwas abgerückt. Zunächst hatte SPÖChef Christian Kern eine Volksabsti­mmung über den 12-Stundentag gefordert und ein Volksbegeh­ren als „Variante“ins Spiel gebracht, sollte die Regierung die Abstimmung ablehnen – was auch geschehen ist. Mittlerwei­le wollen Kern und sein Bundesgesc­häftsführe­r Max Lercher nur als Unterstütz­er auftreten, sollte sich eine „unabhängig­e Organisati­on“finden, die ein Volksbegeh­ren initiiert.

„Bei den Lohnrunden muss es dieses Mal rascheln und nicht klimpern.“

Wolfgang Katzian ÖGB-Präsident

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SPÖ-Chef Kern wollte ursprüngli­ch Volksabsti­mmung oder wenigst Volksbegeh­ren, doch ÖGB-Chef Wolfgang Katzian (li.) zieht nicht mit

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