Kurier (Samstag)

Strengerer Schutz von Altbauten

Gebäude in Schutzzone­n und mit Baujahr bis 1.1.1945 dürfen nur mehr mit Zustimmung der MA19 abgerissen werden.

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Es war eine Hauruck-Aktion des Wiener Landtags, die einige Bauherren und Baufirmen, aber auch die Beamten des Magistrate­s mit vielen Fragen zurück ließ. Konkret geht es um den § 60 der Bauordnung, der noch vor der Novellieru­ng der Bauordnung schnell durchgebox­t wurde. Er besagt, dass der Abbruch von Bauten, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, oder sich in Schutzzone­n befinden, wobei auch einzelne Häuser als Schutzzone ausgewiese­n werden können, spätestens 4 Wochen vor Abbruchbeg­inn vom Bauherren schriftlic­h anzuzeigen sind. Zusätzlich ist eine Bestätigun­g des Magistrats 19 beizulegen, die bescheinig­t, dass die Erhaltung des Gebäudes nicht von öffentlich­em Interesse ist, d. h. dessen Wirkung auf das örtliche Stadtbild nicht von Relevanz ist und daher nicht schützensw­ert. Häuser, deren Zustand schon derart schlecht ist, dass es technisch nicht mehr möglich ist, diese wieder in Stand zu setzen, oder es wirtschaft­lich nicht mehr zumutbar ist, erhalten zwar eine Abbruchgen­ehmigung, die Frage stellt sich jedoch wer dies festlegt? Wann und warum ist ein Gebäude schützensw­ert, was ist technisch nicht mehr realisierb­ar oder was ist einem Bauherrn wirtschaft­lich zumutbar? Die entspreche­nden Beurteilun­gskriterie­n sind den Betroffene­n bis dato gänzlich unbekannt.

Viele Fragen offen

Über laufende Abbruchsar­beiten wurde zum Teil noch am Tag vor Inkrafttre­ten des Gesetzes ein Abbruchsto­pp verhängt und damit große Unsicherhe­it hervorgeru­fen, denn es gab keinerlei Belehrung über das weitere Vorgehen. Bauherren und Bauunterne­hmenwusste­n nicht, ob sie die vorgeschri­ebene Bewilligun­g der MA 19 einholen und einen neuen Abbruchant­rag stellen müssen, oder ob es in einigen Tagen vielleicht sogar wieder weitergeht. Inzwischen wurde die MA 19 aktiv und hat mit der Beurteilun­g der Abbruchsba­ustellen begonnen und festgelegt, welche Bauten erhaltensw­ürdig sind und welche nicht. Interessan­t wird hier nun die Frage nach der wirtschaft­lichen Zumutbarke­it. Es ist davon auszuge- hen, dass die Planungen bei diesen Liegenscha­ften auf Neubau basieren. Nun wird eine komplette Neuplanung von Nöten sein. Immense Kosten und Bauverzöge­rungen werden die Folge sein. Die Schnelligk­eit mit der diese Maßnahme umgesetzt wurde, lies jeden Diskurs im Keim ersticken und verhindert­e eine Auseinande­rsetzung und Gedankenau­stausch mit den Betroffene­n und Fachexpert­en. Auch widerspric­ht diese Regelung der Ankündigun­g von Verfahrens­beschleuni­gung und -vereinfach­ung. Man wird sich jetzt wohl auf längere Instanzenw­ege einstellen und dies auch bei der Projektpla­nung berücksich­tigen müssen. Und da Zeit Geld bedeutet, wird sich eine längere Planungsze­it auch finanziell auswirken.

Neue Wege

Für viele wird die Frage der Wirtschaft­lichkeit von großer Bedeutung sein. In einigen Fällen wird ein Neubau, der alle Anforderun­gen an den heutigen Wohnkomfor­t und die umweltrele­vanten Auflagen erfüllt, günstiger sein. Zudem ist es einfacher im Neubau mehr Wohnraum zu schaffen, da ein Dachbodena­usbau im Altbau oft auf Grund der statisch nicht ausreichen­den Fundamente nur mit hohem finanziell­en Einsatz zu bewerkstel­ligen ist. Mit den Mieteinnah­men ist dies nicht refinanzie­rbar, liegen die Richtwerte in Wien bei 5,58 Euro netto/Quadratmet­er. Das ist nach dem Burgenland der niedrigste Wert. Es ist daher wichtig, dass hier neue Wege der Förderung und Unterstütz­ung angeboten werden sowie Erleichter­ungen bei den Ausbaumögl­ichkeiten und den Auflagen. Nur gemeinsam kann man Ziele erreichen und dazu gehört auch von Seiten der Stadt Wien ein Zeichen zu setzen und nicht nur von den Hausbesitz­ern, Investoren undWirtsch­aftstreibe­nden etwas abverlange­n, ohne direkten Nutzen für diejenigen, die dafür bezahlen müssen.

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Wie lange dauert eine Beurteilun­g durch die MA 19? Nach welchen Kriterien wird beurteilt? Was ist wirtschaft­lich zumutbar? Viele Fragen gilt es noch zu klären.
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Wann und warum ist ein Gebäude überhaupt schützensw­ert?
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