Kurier (Samstag)

Auch wenn das Team fehlt: Die WM ist in den USA absolut präsent

- Christian Fuchs (32) war Teamkapitä­n und hat im Sommer 2016 nach 78 Spielen seine Teamkarrie­re beendet CHRISTIAN FUCHS sport@kurier.at

Die USA ist bei der WM nicht dabei. Dennoch bin ich sicher, dass hier der Fußball-Boom noch stärker wird. Ich war bis Anfang des Monats in den USA bei meiner Frau und unseren drei Kindern. Ich habe die Zeit bei meiner Familie genossen. Ende Mai 2019 endet mein Vertrag in Leicester, dann kann ich endlich ständig bei ihnen in New York sein.

Fußballfre­i war die Zeit in den USA für mich aber nicht. Auch im Urlaub nicht. Meine zwei Buben sind ganz narrisch auf Fußball, die geben kaum Ruhe, wollen ständig kicken. Wie in Österreich und England mache ich auch hier Fußballcam­ps für Kinder. Auch wäh- rend der WM. Es ist wirklich schade, dass die USA nicht in Russland dabei sind. Ihr Potenzial haben die US-Boys ja vor vier Jahren gezeigt. In Brasilien haben sie mit Jermaine Jones, meinem Kumpel aus SchalkeZei­ten, das Viertelfin­ale erreicht. Dass die USA in der Qualifikat­ion jetzt nur Fünfter wurde, hinter Costa Rica, Panama und Honduras, hat gesessen.

Ich glaube aber, dass das für den Fußball in den USA nur ein kleiner Dämpfer war. Immerhin findet ja ein Großteil der WM 2026 hier statt. Auch wenn das Nationalte­am nicht in Russland ist: in den USA ist nicht bloß ein Fußball-Boom, es ist fast schon eine Fußball-Euphorie. Wenn die Kids zu meinen Camps kommen, dann glaubst du, du bist in Europa. Die haben nicht nur Leicester-Trikots an – mir zuliebe. Nein, sie tragen auch die Trikots der besten Klubs der Welt.

Die Fußballsta­rs sind in

Die Kids kennen auch die Topstars des Weltfußbal­ls in- und auswendig. Ich persönlich bin da nicht so, ich muss manchmal überlegen, wenn ich zu gewissen Dingen in meiner Karriere gefragt werden. Aber die Kids in den USA rattern alles über ihre Lieblingsk­icker runter – Transfers, Tore, Titel. Und es kommen immer mehr Buben zum Fußball. Lange Zeit war Fußball an den Schulen und Universitä­ten der Sport der Mädchen, weshalb ja das Frauen-Nationalte­am absolute Weltklasse ist. Im Schul- und Uni-Sport ist American Football bei den Buben die große Konkurrenz. Aber die Stimmungsl­age ändert sich, viele Eltern schicken die Buben schon lieber zum Fußball, weil beim Football das Verletzung­srisiko so groß ist.

Auf jeden Fall ist die Fußball-WM allgegenwä­rtig in den USA. Nicht nur in „The Football Factory“. In dieser Sportbar hängt nicht nur ein Trikot von mir, sie ist auch Klublokal von mehr als 30 Fanklubs für Vereine aus aller Welt. In ganz New York gibt es unzählige solcher Fanklubs.

Aber nicht nur hier in der Bar sind die WM-Spiele live zu sehen. Vor fast jedem Restaurant steht eine Tafel, auf der man lesen kann, welche Spiele übertragen werden. Die ersten Spiele waren um 8 Uhr Frühstücks­fernsehen, die letzten Spiele waren am Nachmittag. Das Finale gibt es um 11 Uhr, kurz vor dem Mittagesse­n.

Wenn ich mir diese Begeisteru­ng anschaue, bin ich sicher, dass auch die Profiliga weiter an Bedeutung gewinnen wird. Mit der Verbesseru­ng der Gehaltsstr­ukturen und Verpflicht­ungen wie Ibrahimovi­c wird die MLS aufgewerte­t. Ich glaube, dass sie in zehn Jahren eine Topliga sein wird.

Vielleicht spiele ich nächstes Jahr dort. Wer weiß.

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