Kurier (Samstag)

„Auf dem Rücken der Patienten“

Dr. Guido Wahler über die Auswirkung neuer Arbeitszei­ten

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Ein Oberarzt in der Unfallchir­urgie am Wiener Wilhelmine­nspital kritisiert das System: Was sind die größten Probleme der neuen Arbeitszei­tregelung? Guido Wahler: Als Arzt hat man einen Versorgung­sauftrag gegenüber Patienten, den wir auch gerne wahrnehmen. Durch die neuen Arbeitszei­ten bräuchte man mehr Ressourcen. Die sträfliche Vernachläs­sigung, budgetär wie personell, betrifft öffentlich­e und private Krankenhäu­ser. Konkret bedeutet die neue Regelung 15 Prozent weniger Ar- beitszeit pro Arzt und Woche. Leidet die Versorgung darunter?

Ja. Derzeit können elektive (nicht sofort notwendige) Eingriffe im Juli und August etwa nicht durchgefüh­rt werden, es gibt zu wenig Personal. Wer aufgrund eines Unfalls ins Spital kommt, muss manchmal bis zu sechs Stunden auf die Befundung eines CTs warten, weil die Radiologie unterbeset­zt ist. Als Gegenargum­ent wird Leistungsv­erdichtung und Budgetknap­pheit angeführt.

Im Idealfall ist eine Leistungsv­erdichtung von bis zu fünf Prozent möglich, aber sicher nicht im kompletten Ausgleich zur Arbeitszei­teinschrän­kung von 15 Prozent. Ärzten kann man nicht eine Hand auf den Rücken binden und denken, dass alles weitergeht wie bisher. Fehlende Wertschätz­ung gegenüber der Arbeitskra­ft, Sparmaßnah­men und Regelungen, die die Arbeit eines Mediziners drastisch einschränk­en, werden definitiv auf dem Rücken der Patienten ausgetrage­n.

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