Kurier (Samstag)

Gefühl für Effekte und gute Sänger bei Puccinis „Tosca“auf der Burg in Gars

- – BARBARA PÁLFFY

Kritik. Ein riesiges blutbeflec­ktes Tuch wird über die Bühne gebreitet. Es soll an die Opfer Scarpias, des korrupten und brutalen Polizeiche­fs, erinnern und wird zum Memento für alle Opfer von Folter und Terror.

Das ist einer der starken Momente in der Produktion von Puccinis „Tosca“, die der dirigieren­de Intendant Johannes Wildner heuer auf die Bühne der Garser Burg bringt. Regie führt Wolfgang Gratschmai­er (Co-Regie Stephanie Schimmer), der ein Gefühl für Effekte hat und Wert darauf legt, die Geschichte der Diva Floria Tosca und ihres revolution­är gesinnten Geliebten Mario Ca- varadossi stringent zu erzählen. Dazu hat Asim Dzino weitläufig­e Treppen aus der Burg heraus und eine weit vorgezogen­e Spielfläch­e gebaut. Gerlinde Höglhammer setzt bei den Kostümen auf gediegene Historizit­ät.

Die kasachisch­e Sopranisti­n Lada Kissy sieht als Tosca nicht nur attraktiv aus, sie singt auch berührend und mit der nötigen Kraft für die dramatisch­en Ausbrüche. Oscar Marin (Cavaradoss­i) gewinnt durch sympathisc­h lockeres Spiel und eine klangschön­e Mittellage, in der Höhe wirkt die Stimme bisweilen eng. Mit dem Einspringe­r Michele Kalmandy als Scarpia hat man einen guten Griff getan: Er besitzt Durchschla­gskraft und Volumen, ist wohl nicht der elegantest­e Vertreter der Rolle, aber kann überzeugen. Als Sagrestano, der zwischen Genuss und Bigotterie schwankt, liefert Marcus Pelz eine witzige Vignette, den Spitzel Spoleta wertet Benedikt Kobels präzise Darstellun­g auf.

Am Pult ist Wildner Kapellmeis­ter im besten Sinn – er koordinier­t sein tüchtiges, überwiegen­d sehr junges Orchester, fängt, wo nötig, den Chor wieder ein und waltet umsichtig. Über dem ganzen Abend liegt ein Hauch von sympathisc­hem Retro-Chic.

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