Hermans war nicht zu biegen
Pernsteiner attackierte, doch der Belgier wird die Ö-Tour gewinnen.
Die Tour frisst ihre Kinder – der vorletzte Tag der 70. Österreich-Rundfahrt war mehr als nur turbulent. Bereits auf der ersten von insgesamt vier Runden zwischen Waidhofen an der Ybbs und Sonntagberg stürzten der ukrainische Gesamtsechste Mark Padun von Hermann Pernsteiners Team Bahrain-Merida und der Brite Stephen Cummings (Dimension Data), sie mussten aufgeben und wurden ins Spital gebracht. Bei Padun wurden drei gebrochene Rippen diagnostiziert und ein 15 Zentimeter langes Cut am Hals mit 15 Stichen genäht. Der Pechvogel dieses Freitags (13.!) musste über Nacht im Spital bleiben.
Auch Hermann Pernsteiner, der Gesamtzweite, ging zu Boden und kegelte sich die linke Schulter aus, konnte aber nach einem Radwechsel und einem Besuch beim Rennarzt mit einigen Abschürfungen und noch mehr Schmerzen weiterfahren. Doch die Pechsträhne des 27Jährigen aus Kirchschlag in der Buckligen Welt sollte damit noch nicht zu Ende sein.
Vor 10.000 Zuschauern kontrollierte der Belgier Ben Hermans das Geschehen im Feld der Favoriten. Sein Ziel: Für die erst 2015 gegründete Israel Cycling Academy den dritten Rundfahrtsieg holen – im April hat der Spanier Rubén Plaza die Kastilien-undLeon-Rundfahrt gewonnen, 2016 war der Este Michel Räim in Ungarn der Beste.
Vorne spielten sich einige Ausreißer, unter ihnen der Neuseeländer Aaron Gate, der dafür sorgte, dass die kleine irische Mannschaft Aqua Blue dort weitermachen konnte, wo Stefan Denifl im vergangenen Jahr aufgehört hat – nämlich mit dem Sieg in einer Tour-Wertung. 2017 hatte Denifl trotz der Schwäche seiner Teamkollegen die Ö-Tour gewonnen, nun sprang Gate mit dem Gewinn des Bergtrikots in die Bresche, nachdem der Tiroler ja nach seiner schweren Gehirnerschütterung erst langsam wieder ins Training auf dem Ergometer einsteigt.
Das große Finale
In der Schlussrunde ging dann die Post ab: Zunächst düste Hermann Pernsteiners slowenischer Teamkollege Matej Mohoric den bis zu 14 Prozent steilen Anstieg zum Sonntagberg als Erster hinauf, dann überholte ihn der Italiener Antonio Nibali (richtig, der kleine Bruder des Tour-de-France-Siegers von 2014) und sorgte selbst für den vierten Tagessieg der Mannschaft des Vorarlberger Sportdirektors Harald Morscher. Und das mit Startnummer 13, an diesem 13.
Und während Nibali schon feierte, versuchten Ben Hermans, Hermann Pernsteiner und der Welser Riccardo Zoidl (Felbermayr-Simplon), sich gegenseitig abzuhängen. „Eigentlich waren wir alle gleich stark“, resümierte Zoidl, der Ö-Tour-Sieger von 2013, „und keiner hat eine Schwäche gezeigt.“
Und Hermann Pernsteiners Pechsträhne fand ihren Höhepunkt – im Ziel sprang ihm erneut die linke Schulter raus. „Es war eine Quälerei“, sagte der 27-Jährige, „ich muss froh sein, dass ich Zweiter geblieben bin und schauen, dass ich dieses Ergebnis am Samstag irgendwie ins Ziel bringe.“
Schlussakt
Dann sind noch einmal die Sprinter gefordert: Von Scheibbs führt die finale Etappe über 163,2 Kilometer nach Wels, und vor der Zielankunft auf der Ringstraße sind ab 14 Uhr noch drei Runden durch die Innenstadt zurückzulegen. Gutes Omen: Im vergangenen Jahr herrschte Volksfeststimmung.