Kurier (Samstag)

Auf der sicheren Saite

Emmerich Kálmáns „Gräfin Mariza“bei den Seefestspi­elen Mörbisch bedient Erwartungs­haltungen

- VON PETER JAROLIN

„Gräfin Mariza“in Mörbisch setzt auf Operette mit Retro-Charme.

Peter Edelmann hat vieles richtig gemacht. Denn nach massiven Turbulenze­n samt sinkenden Zuschauerz­ahlen und einer nicht geglückten Intendante­n-Bestellung (übrigens kein Fehler!) steuert der neue künstleris­che Direktor die Seefestspi­ele Mörbisch nun wohl in ruhigere Gewässer. Mit Erfolg.

Nur die „erste Garde“der Operette soll in Zukunft unter Edelmanns Leitung am Neusiedler See zu sehen sein. Mit Franz Lehárs „Land des Lächelns“löst mandiesen Anspruch auch 2019 ein. Und mit Emmerich Kálmáns „Gräfin Mariza“hat man bereits 2018 eines der besten Werke dieses wichtigen Genres im Angebot. Und geht damit auf Nummer sicher.

Profis am Werk

Denn Regisseur Karl Absenger ist ein echter Vollprofi, bedient auf der riesigen Bühne jedes noch so brav und effektiv tradierte Ungarn-Operetten-Klischee, setzt auf eine sehr solide Personenfü­hrung ohne Firlefanz und zeigt (bis auf ein völlig vergebenes Finale) gute Unterhaltu­ng.

Manfred Waba hat dazu ein großartige­s Bühnenbild geschaffen. Die laut Werbe- text „größte Geige der Welt“dominiert samt ausklappba­rerer Details (Salon, Galerie, Showtreppe) das Ambiente; mittels Projektion­en (noch etwas ausbaufähi­g) ist auch der See präsent. Schauwerte sind also gegeben, die Gesangswer­te aber ebenso.

DennPeter Edelmannve­rsteht sehr viel von – hier natürlich mit Mikroports ver- stärkten – Stimmen. Und somit gibt Vida Mikneviciu­te eine im eleganten Look der 20er-Jahre (Kostüme: Karin Fritz) gekleidete Gräfin, die sich ziemlich sicher durch al- le Irrungen und Wirrungen der Handlung singt. Als „ihr“Graf Tassilo behauptet sich Roman Payer – die Besetzunge­n alterniere­n– sehr sympathisc­h und glaubhaft.

Eine wirkliche Entdeckung dieser Ausgabe der Seefestspi­ele ist Rinnat Moriah, die sich als fast überbesetz­te Lisa (eine Traumstimm­e und eine sehr schöne Darstellun­g) für höhere Aufgaben anbietet. Dazu ist Christoph Filler ein tadelloser, lustiger Koloman Zsupán, der auch die dankenswer­terweise eingekürzt­en Dialogszen­en mit Leben erfüllt.

In den kleineren Rollen fallen Julian Looman, Verena te Best, Mila Janevska, Peter Horak und der Geiger Ondrej Janoska sehr positiv auf. Horst Lamnek als Fürst Populescu und der köstlich die Weltlitera­tur falsch zitierende Franz Suhrada als Kammerdien­er Penižek holen sich zu Recht ihren Applaus.

Und damit wären wir auch wieder bei der großen Melanie Holliday, die als hier texanische Tante Bozena im Pink-Kostüm ein Ereignis und ein Besetzungs­coup ist, und den Seefestspi­elen. Denn mit derartigen Persönlich­keiten und guten Dirigenten wie Guido Mancusi am Pult des Festival Orchesters hat die Operette eine Chance.

Und nächstes Jahr darf Mörbisch nach all dem RetroCharm­e bitte auch wieder mutiger in die Zukunft gehen. KURIER-Wertung:

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 ??  ?? Ein Leben für die Liebe, die Operette und die obligate Showtreppe: Vida Mikneviciu­te als Gräfin Mariza bei den Seefestspi­elen Mörbisch
Ein Leben für die Liebe, die Operette und die obligate Showtreppe: Vida Mikneviciu­te als Gräfin Mariza bei den Seefestspi­elen Mörbisch

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