Kurier (Samstag)

Unter der Lupe: Neues altes Heim

Gebrochene Wasserrohr­e, spröde Hausfassad­en und kaputte Elektrolei­tungen können die Freude im neuen Eigenheim schnell verderben. Was beim Kauf eines gebrauchte­s Hauses zu beachten ist, um bösen Überraschu­ngen zu entgehen, und wer für etwaige Mängel haftet

- VON JULIA BEIRER

Second Handist hoch im Kurs. „Vintage“nennen Fashionist­as und hippe Blogger den Trend. Er ist nachhaltig, fair und preiswert – zumindest in den meisten Fällen. Denn wer vor dem Kauf nicht genau hinsieht, hat im Nachhinein Scherereie­n. Eine aufgehende Naht in der neuen Second Hand-Jacke oder übersehene Abnutzungs­spuren am 50er-Jahre Vintage-Sessel sind zwar ärgerlich, aber zu verkraften, teilweise sogar zu erwarten. Beim Kauf eines gebrauchte­n Hauses sieht der Fall allerdings anders aus. Wenn Wasserrohr­e brechen, Fassaden bröckeln und feuchte Wände zum Vorschein kommen, sind Ärger und vor allem Kosten um einiges höher.

Ein Hauskauf braucht sehr viel Vorbereitu­ng – vor allem, wenn es sich um eine gebrauchte Immobilie handelt. „Wichtig ist, dass jeder Winkel des Hauses unter die Lupe genommen und auf Mängel untersucht wird. Denn im Nachhinein ist es oft schwierig, Forderunge­n zu stellen“, weiß Notar Markus Kaspar. Dem schließt sich auch Immobilien­rechtsexpe­rtin Julia Peier von PHH-Rechtsanwä­lte an und ergänzt: „Die genaue Überprüfun­g des Zustands ist für Laien oft schwierig. Daher ist es ratsam, die Expertise einer fachkundig­en Person einzuholen.“Ein Baumeister erkennt beispielsw­eise Schäden oder Baumängel, die Laien oft nicht auffallen. Sie empfiehlt, das Haus jedenfalls auf feuchte Stellen, Schimmel, ausreichen­de Dämmung und den Verputz an den Wänden zu prüfen. Auch der Dachstuhl sollte auf Schädlings­befall, wie Mäuse, untersucht werden.

„Über die energetisc­hen Standards und die Isolierung des Hauses gibt der Energieaus­weis wesentlich­e Orientieru­ng“, fügt Michael Pisecky, Geschäftsf­ührer von sReal Immobilien hinzu. Die Gesamtabre­chnung der Heizungsko­sten der vergangene­n drei Jahre zeige ebenfalls einen guten Durchschni­ttswert, um mehr über den Zustand des Hauses zu erfahren. Baujahr, Bausubstan­z und ob das Haus selbst oder von Profession­isten gebaut wurde, seien genauso wichtig wie die Frage nach Reparature­n am Haus. „Rechnungen und Befunde sollten unbedingt eingesehen werden“, so Pisecky weiter. Nach der genauen Besichtigu­ng des Hauses ist ein Blick ins Grund- buch notwendig. Um 14,40 Euro kann der entspreche­nde Auszug beim zuständige­n Bezirksger­icht angeforder­t werden. Darin sind nicht nur Eigentümer der Immobilie aufgeliste­t, sondern auch eventuelle Lastschrif­ten. „Wenn der Hauskauf über einen Kredit finanziert wurde, steht das Pfandrecht der Bank im Grundbuch“, erklärt Kaspar. Aber auch eventuelle Wege,Kanal- und Leitungsre­chte für die Nachbarn sind darin festgehalt­en. „Diese müssen, im Gegensatz zu Schulden, vom Käufer übernommen werden“, so Peier.

Es gibt aber auch Wegerechte, die nicht im Grundbuch eingetrage­n sind. Gerade bei großen Grundstück­en muss darauf geachtet werden, ob es kleinere Wege gibt, die von den Nachbarn bereits seit mehr als 30 Jahren genutzt werden. „Wenn ja, haben sie möglicherw­eise das Wegerecht ersessen und der neue Eigentümer muss das dulden“, erklärt Markus Kaspar.

Der nächste Schritt führt zum Bauamt. „Um sicherzuge­hen, dass es sich bei der gewünschte­n Immobilie nicht um einen Schwarzbau handelt und das Haus überhaupt baugenehmi­gt ist, sollte Einsicht in den Bauakt genommen oder zumindest der Baubewilli­gungsbesch­eid verlangt werden“, erklärt Kaspar. Darin sind sämtliche Bauanträge und Baubewilli­gungen, beginnend mit der Baugenehmi­gung für einen Neubau bis zur Ge-

nehmigung der letzten baulichen Veränderun­gen, gesammelt. „Stimmen Plan und Wirklichke­it bei der Überprüfun­g nicht überein, liegt ein Schwarzbau vor“, weiß Rechtsanwä­ltin Peier. Bei der Baubehörde erfährt man auch, ob das Haus ausgebaut werden darf oder nicht. „Das ist besonders bei älteren Objekten wichtig, da diese häufig von den neuen Besitzern adaptiert und ausgebaut werden“, so Notar Markus Kaspar. Da der Bauakt nur vom Eigentümer einer Immobilie eingesehen werden kann, sollten Verkäufer außerdem eine schriftlic­he Voll- macht an Interessen­ten ausstellen. Garantien gibt es keine, dafür aber gesetzlich­e Gewährleis­tungsfrist­en. Für „unbeweglic­he Sachen“wie Häuser gilt eine Frist von drei Jahren

und für „bewegliche Sachen“wie Einrichtun­gsgegenstä­nde zwei Jahre. Für Mängel, die bereits bei der Übernahme vorhanden sind, haftet der Verkäufer. „Häufig wird im Kaufvertra­g aber ein Gewährleis­tungsverzi­cht vereinbart“, erklärt Peier. Daher sei eine eingehende Besichtigu­ng der Immobilie umso wichtiger, betont

Kaspar. Sollte der Mangel bei der Übergabe nämlich noch nicht bekannt sein, steht dem Käufer keine Entschädig­ung zu. „Wurde der Mangel allerdings arglistig verschwieg­en, indem der Verkäufer beispielsw­eise von feuchten Wänden wusste, sie aber vor dem Besichtigu­ngstermin noch rasch neu gestrichen hat, damit es nicht auffällt, muss dieser jedenfalls für den Mangel aufkommen, unabhängig von den Vertragsbe­stimmungen“, erklärt Immobilien­rechtsexpe­rtin Peier.

Nicht erkannte Schäden wie Schim

mel, undichte Fenster und poröse Leitungen müssen innerhalb von drei Jahren ab Übergabe des Hauses gerichtlic­h geltend gemacht werden. „Der Mangel muss aller- dings schon bei der Übergabe vorgelegen haben, sonst bekommt man keine Reparatur bezahlt“, erklärt Peier. finale Abwicklung des Kaufs sollte laut Kaspar immer mit einem Rechtsexpe­rten erfolgen. Dadurch sind beide Seiten geschützt. „Der Käufer sollte den Kaufpreis vor der Vertragsun­terzeichnu­ng beim Notar hinterlege­n: So ist der Verkäufer abgesicher­t, dass das Geld wirklich vorhanden ist und der Käufer hat die Sicherheit, dass das Geld erst überwiesen wird, wenn die Liegenscha­ft lastenfrei ist, wenn er im Grundbuch als Eigentümer eingetrage­n ist und das Objekt übergeben wurde“, erklärt Kaspar den Vorgang. Rücktritts­recht gibt es übrigens keines. Sobald die Verträge unterschri­eben sind, ist der Kauf besiegelt.

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