Kurier (Samstag)

Die Trump-Versteher und die Fakten

- ANDREAS SCHWARZ

Es waren Wochen ganz nach Donald Trumps Geschmack: Droh-Tweets in Großbuchst­aben an den Iran, Tweets an seinen Justizmini­ster, die Untersuchu­ngen in der Russland-Causa abzudrehen, neue Strafzolld­rohungen an China, Sanktionen gegen die Türkei – und immer öfter gesellen sich außerhalb der USA zum Kopfschütt­eln über den erratische­n Präsidente­n Stimmen des Verständni­sses: Zwingt The Donald in seiner Hemdsärmel­igkeit die Welt nicht zu Besserem?

Stimmt schon: Sich nur darüber lustig zu machen, dass der US-Präsident beim morgendlic­hen Klogang die erste geistige Blähung des Tages via Twitter in die Welt schickt, ist billig (auch wenn es vermutlich genau so ist). Also machen wir den Realitätsc­heck, the proof of the pudding is in the eating, wie der Angloameri­kaner sagt.

Die Analyse zum Beispiel, Donald Trump habe den IS besiegt, ist grober Unfug. Die Terrormili­z wurde von kurdischen Kämpfern und irakischen Einheiten mit US-Unterstütz­ung zurückgedr­ängt sowie von syrischen und russischen Soldaten. Der US-Einsatz geht nicht auf Trump zurück, sondern auf seinen – sonst weitgehend erfolglose­n – Vorgänger Obama. Trumps Leistung im Syrien-Krieg war ein absurder Raketenang­riff nach angebliche­n Giftgasatt­acken der syrischen Armee.

Die Behauptung, Trump zwinge seine Widersache­r mit Drohungen zum Einlenken, ist Fake News. Was hat er mit seinem „Meiner ist der größere“(Atomkopf)Vergleich bei Nordkoreas Kim Jong-un erreicht – außer dass sich der geächtete Nordkorean­er bei einem historisch­en Treffen mit einem US-Präsidente­n sonnen durfte? Das Ergebnis dieses Gipfels tendiert nach null.

Frei von Sachkenntn­is

Mit der großmundig­en Ankündigun­g, einen neuen Nahost-Friedenspr­ozess loszutrete­n, kündigte Trump die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem an. Die Botschaft ist inzwischen dort, die Glaubwürdi­gkeit der Amerikaner als Nahost-Makler unterm Hund, und ein Friedenspr­ozess ist so weit weg wie Donald Trump von jedem Anflug weltpoliti­scher Sachkenntn­is.

Die Kündigung des Atom-Deals mit dem Iran und die Verbalatta­cken gegen Teheran haben in der iranischen Führung außer Widerstand nichts bewirkt. Der unverhohle­ne Aufruf an die Bevölkerun­g, sich der Führung zu entledigen, ist an Naivität nicht zu überbieten. Und die Chance, den Iran als einen der problemati­schen Player in Mittelost doch einzufange­n, ist dahin.

Und in Helsinki mit Wladimir Putin? Hat sich Trump in seiner Ahnungslos­igkeit und der Verstricku­ng seiner Phrasen genauso lächerlich gemacht wie bei Theresa May in London, wo er einen harten mit einem herzlichen Brexit verwechsel­te, über den er in den Tagen zuvor zumindest „viel gelesen“hatte.

Lassen wir die Kirche im Dorf: Mögen die Amerikaner ihn mögen und ihm bei Zwischenwa­hlen im Herbst für sein „America first“eine fulminante Bestätigun­g schenken – außerhalb der USA muss man nicht krampfhaft nach Argumenten suchen, warum Trump weltpoliti­sch doch nicht ein fürchterli­cher Irrtum der Geschichte ist. Er ist. andreas.schwarz@kurier.at

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Zwingt das Poltern des US-Präsidente­n seine Gegner zum Einlenken? – Papperlapa­pp.

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