Kurier (Samstag)

Passt Ihre „Identität“? Ex-Politikeri­n berät Firmen

Frühere Familienmi­nisterin kehrt zu ihren Wurzeln zurück und wirft einen Blick ohne Zorn auf vier Jahre Regierungs­tätigkeit

- – MARTINA SALOMON

Sophie Karmasin, ehemalige parteifrei­e Familienmi­nisterin in der letzten Bundesregi­erung, ist unter die Berater gegangen. „Identität erforschen“, steht gleich am Beginn der Homepage ihrer Firma „Karmasin research & identity“. Was das bedeutet, erklärt sie im KURIER-Talk mit Schau-TV. In Firmen werde oft eine neue Kampagne verkündet, die dann aber in Wahrheit nie zu allen Arbeitnehm­ern an der Basis durchdring­e. Das gelte im Übrigen auch für die Politik.

Daher hat Karmasin einen „identity check“auf Basis von verhaltens­ökonomisch­en Prinzipien entwickelt: eine spezifisch­e Befragungs- methode, die die interne und externe Perspektiv­e auf ein Unternehme­n, eine Marke oder ein Thema in Form von Workshops anbietet. Damit kehrt Karmasin auch zu ihren Wurzeln als Markt- und Motivforsc­herin zurück. Sie erforscht, kurz gesagt, ob nach innen gelebt wird, was nach draußen in der Unternehme­nskommunik­ation vorgegeben wird. Sowohl Kunden als auch Mitarbeite­r werden befragt.

Leere Slogans

Das Modewort „Disruption“kommt übrigens in Karmasins Beratungst­ätigkeit nicht vor. Lieber spricht sie von Identität: „Das kann eine neue Identität sein, an die alle glauben. Aber die muss homogen sein und einen längerfris­tigen Anspruch haben und konsequent verfolgt werden. Ein Jahr so, ein Jahr so: Das funktionie­rt nicht.“

Mangelt es den heimischen Firmen denn wirklich an Identität? „Ja“, ist Karma- sin überzeugt, „es werden oft Slogan ausgegeben, die innen weder bekannt sind noch gelebt werden.“

Karmasin selbst wurde 2013 von Michael Spindelegg­er in die Politik geholt. Dieser wurde von Reinhold Mitterlehn­er als ÖVP-Chef und Vizekanzle­r abgelöst. Zwi- schen ihm und Karmasin schien die Chemie dann nicht mehr zu stimmen, die Ablösegerü­chte häuften sich. Er habe mit den übernommen­en Regierungs­mitglieder­n zu wenig Beziehung aufgebaut, meint sie rückblicke­nd. Es habe also auch hier quasi die Identität nach innen und außen nicht mehr gepasst? „Absolut“, antwortet Karmasin. Etwas, das sich in der jetzigen Regierung deutlich gebessert habe – auch wenn sie selbst nicht gemeinsam mit den Blauen in einer Regierung sitzen wollte. Was sie an den Freiheitli­chen stört? „Ihr Bild von Familie und Frauen.“

Als Erfolge ihrer eigenen Regierungs­tätigkeit ver- bucht Karmasin die Erhöhung der Familienbe­ihilfe, die Schaffung von 40.000 neuen Kinderbetr­euungsplät­zen und die Erhöhung der Väterbetei­ligung. Kein Zufall also, dass Karmasin auch heute noch Firmen in Sachen Frauen- und Familienfr­eundlichke­it berät.

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Arbeitet jetzt mit verhaltens­ökonomisch­en Prinzipien: Sophie Karmasin im KURIERGesp­räch

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