Abgabenbelastung nur in wenigen europäischen Ländern höher Fussl-Chef: „Spielen mit im Rennen um Vögele-Filialen“
Tax Freedom Day. Nach Insolvenz.
Die sinkende Steuer- und Abgabenquote beschert den Österreichern heuer einen früheren „Tax Freedom Day“. Dieses vom wirtschaftsliberalen Hayek-Institut ermittelte Datum bezeichnet den Tag, an dem die österreichischen Steuerzahler und Unternehmen rein rechnerisch alle Steuern und Sozialabgaben bezahlt haben. Heuer fällt der Tag auf den 4. August – elf Tage früher als im Vorjahr.
Dennoch ist die Abgabenbelastung nur in wenigen europäischen Ländern höher als in Österreich. Agenda Austria hat mit OECD-Daten die Lohndifferenz der österreichischen Durchschnittsverdiener (mit rund 3285 Euro Monatsbruttogehalt) berechnet. Unter der Annahme, dass ihre Arbeitsleistung so belastet wäre wie beispielsweise jene der Iren, könnten sie sich monatlich über fast 1000 Euro netto mehr freuen. Selbst in traditionellen Wohl- fahrtsstaaten wie Schweden oder Dänemark ist die Abgabenbelastung auf Arbeit deutlich geringer. So hätte der österreichische Durchschnittsverdiener im schwedischen System fast 200 Euro und im dänischen sogar fast 500 Euro mehr im Monat zur Verfügung (siehe Grafik).
Wachstumshemmend
Eine hohe Belastung der Arbeit wirkt laut AgendaAustria-Ökonom Dénes Kucsera wachstumshemmend: „Die Entstehung neuer Jobs wird erschwert und die Arbeitnehmer haben weniger Geld zur Verfügung. Das wirkt sich negativ auf den Konsum aus. Darüber hinaus senkt es den Anreiz, einer Beschäftigung nachzugehen.“
Finanzminister Hartwig Löger sieht zwar eine gute Entwicklung bei der Abgabenquote, sie sei aber noch immer mit knapp 42 Prozent die siebenthöchste der Welt. Ziel seien 40 Prozent.
Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn stellt fest, dass im ersten Halbjahr 780 Millionen Euro mehr an Lohnsteuer gezahlt wurden, eine Steigerung von 6,5 Prozent. „Die Einnahmen für den Staat sprudeln so ausgiebig wie noch nie.“Er fordert daher weitere Entlastungen der Unternehmen und Arbeitnehmer.
Die Arbeiterkammer kritisiert generell die Erhebung des Tax Freedom Day. „Wer Steuern generell schlechtredet, gefährdet den Sozialstaat.“Eine radikale Senkung der Abgabenquote und der damit verbundene Steuerausfall würden zu Leistungskürzungen in Milliardenhöhe führen. Zumindest drei ernsthafte Bewerber sind an einer – zumindest teilweisen – Übernahme der insolventen Modekette Charles Vögele Austria interessiert. Einer davon ist das oberösterreichische Familienunternehmen Fussl Modestraße. „Wir spielen mit im Rennen um Vögele-Filialen, sind aber nicht in der Poleposition“, sagt FusslChef Ernst Mayr zum KURIER. Bereits vor der Insolvenz bekundete Fussl sein Interesse an zehn Standorten, jetzt kann sich Mayr auch den Erwerb des gesamten Unternehmens vorstellen. „Wir müssen aber erst noch in die Bücher schauen und abwarten, zu welchen Bedingungen eine Übernahme möglich wäre“, so Mayr. In Deutschland ist Fussl bereits in einigen ehemaligen Vögele-Filialen eingezogen.
Als weitere Interessenten gelten ebenso wie bei Vögele in Deutschland und den Niederlanden das niederländische Handelsunternehmen Vidrea Retail („Miller & Monroe“) sowie die TengelmannGruppe (Kik, Tedi, Woolworth). Vidrea versucht mit einem Mehrmarken-Modeund Lifestyle-Konzept vor allem Männer und Frauen der Alterskategorie 40 plus anzusprechen. Weiters wird auch Wohnzubehör wie Vasen und Kleinmöbel angeboten. Vögele-Masseverwalter Norbert Scherbaum zeigt sich zuversichtlich, das Unternehmen ohne Zerschlagung fortführen zu können und bestätigt das Interesse mehrerer Investoren. Voraussetzung ist freilich der positive Abschluss des Insolvenzverfahrens.
Gutscheine gelten
Um den Kundenstock zu halten, hat man entschieden, die ausgegebenen Gutscheine auch weiterhin einzulösen. Bis zu 50 Prozent des Einkaufes können mit Gutscheinen bezahlt werden, teilte der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) am Freitag mit. Insgesamt sollen VögeleGutscheine im Wert von 2,6 Millionen Euro im Umlauf sein. Derzeit läuft in den Filialen ein großer Abverkauf.
Die 711 Vögele-Angestellten haben inzwischen ihr August-Gehalt ausbezahlt bekommen. Es wurde aus der Insolvenzmasse bevorschusst. Die Juli-Gehälter und das Urlaubsgeld soll aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds (IEF) beglichen werden. Die Sanierung der Schweizer VögeleMutter Sempione Fashion ist endgültig gescheitert, ein Konkurs wurde eröffnet.