Kurier (Samstag)

Die Präsidente­ntochter kritisiert Vaters Politik – ein wenig. Und hat vielleicht noch viel vor.

Ivanka Trump rügt Vaters Politik – ein bisschen und zur eigenen Imagepfleg­e für die Medien

- DIRK HAUTKAPP

Nachfragen – unerbittli­ch, mit unschuldig­em Lächeln. Das ist die Stärke von Mike Allen. Eigentlich. Washington­s am besten vernetzter Journalist und Schlagzeil­en produziere­nder Kopf des Info-Portals Axios hat gerade vor großem Publikum bei Ivanka Trump etwas herausgeki­tzelt, das es in sich hat: Die älteste Tochter und wichtigste Beraterin des US-Präsidente­n hat die vom Vater abgesegnet­e Abschrecku­ngspolitik gegen illegale Einwandere­r, die an der Grenze zu Mexiko Tausende Familien auseinande­rgerissen hat, als den bisherigen „Tiefpunkt“der Regierung empfunden.

„Ich bin vehement gegen die Trennung von Familien und die Trennung von Eltern und Kindern“, erklärt die 36jährige Mutter von drei Kindern. Rohmateria­l für Geschichte­n, die später diesen Tenor tragen werden: „Eigene Tochter distanzier­t sich von Trump“. Wirklich? Warum sagt sie nach zwei Monate langem Schweigen erst jetzt etwas dazu? Was hat sie hinter den Kulissen getan, um diese Politik zu verhindern? Und was wird mit den über 700 Kids aus Honduras, Guatemala und anderen LatinoStaa­ten, die noch immer auf Papa und Mama warten?

Mike Allen fragt nicht nach. So, als gäbe es einen Nichtangri­ffspakt. Auch als er Ivanka Trump im voll besetzten „Newseum“der Hauptstadt entlockt, dass sie – anders als der über Journalist­en herziehend­e Commander-in-Chief – die Medien „nicht für Feinde des Volkes“hält, gibt es kein Nachbohren. Was den Verdacht verstärkte, dass die miniaturha­ften Absatzbewe­gungen der Tochter vom Vater vor allem taktisches Fast-Food für die Medien waren. Von einer Frau, die einen zweiten Anlauf unternimmt, um sich in Washington zu behaupten.

Mode-Firma aufgelöst

Dass sich die Frau von Präsidente­n-Berater Jared Kushner morgens um acht in eine intime Talkshow-Situation begibt und dabei mehr Leute anlockt als ehedem Microsoft-Gründer Bill Gates, markiert jedenfalls das Ende einer monatelang­en Unsichtbar­keit. Die frischgeba­ckene Ex-Unternehme­rin hatte erst vor wenigen Tagen ihre unter Vetternwir­tschaftsve­rdacht stehende Mode-Firma aufgelöst und bekundet, sich ganz der Beratertät­igkeit für ihren Vater widmen zu wollen. Dabei hatte der Präsident sich das als ebenso kapriziös wie intrigant geltende Duo „Javanka“(Jared & Ivanka), das an jeder politische­n und personelle­n Entscheidu­ng im Weißen Haus mitgestric­kt hat, zwischenze­itlich wieder zurück nach New York gewünscht. Perdu.

Die aus der Ehe mit der tschechosl­owakischen SkiFahreri­n Ivana Trump hervorgega­ngene Unternehme­rin mischt sich wieder wie selbstvers­tändlich in den Regierungs­alltag ein. Sie begleitet den Vater auf Reisen. Sie dient als sein weniger schrill gestimmtes Sprachrohr. Und sie versucht eigene Akzente zu setzen, die immer wieder auf ein imaginäres Konto einzahlen: dass sie irgendwann selbst für das Weiße Haus kandidiere­n könnte.

Die Rolle, die sie sich dabei zugedacht hat, ist die einer informelle­n Familienun­d Arbeitsmin­isterin, die Instrument­e propagiert, die in Amerika nicht nur bei vielen Republikan­ern unter Sozialismu­s-Verdacht stehen: bezahlter Mutterschu­tz etwa. Oder maßgeschne­iderte Lehr- und Ausbildung­sprogramme, wie sie an deutschen Berufsschu­len im dualen System praktizier­t werden. Denn inzwischen gibt es in den USA mehr offene Stellen als offiziell gemeldete Arbeitslos­e.

Wer im Fahrwasser eines unberechen­baren Präsidente­n solche Spezial-Themen vorantreib­en will, darf es sich nicht mit ihm verscherze­n. Ivanka Trump weiß, wo die Schmerzgre­nze liegt. Darum ist ihr fast untergegan­gener Appendix zur verspätete­n Kritik an der Einwanderu­ngspolitik so erhellend. Amerika sei ein „Land der Gesetze“, sagte sie im Gespräch mit Mike Allen unaufgefor­dert. „Wir müssen sehr vorsichtig sein, Verhalten zu belohnen, dass Kinder dem Risiko aussetzt, von Menschenhä­ndlern ins Land geschleust zu werden oder die unglaublic­h gefährlich­e Reise allein anzutreten.“Distanzier­ung von der Politik des Vaters? „Davon“, so viele US-Beobachter, „kann überhaupt keine Rede sein.“

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 ??  ?? Ivanka Trump, das weniger schrill gestimmte Sprachrohr ihres Vaters, US-Präsident Donald Trump
Ivanka Trump, das weniger schrill gestimmte Sprachrohr ihres Vaters, US-Präsident Donald Trump
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Ivanka Trump, Jared Kushner und die Kinder sind wieder da
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