Kurier (Samstag)

Mangelnde Integratio­n: Sozialgeld gestrichen

Viele Flüchtling­e haben die Integratio­nsvereinba­rung nicht unterschri­eben oder gingen nicht zu Werte- bzw. Deutschkur­sen.

- VON JULIA SCHRENK

1339 Kürzungen, weil die Integratio­nsvereinba­rung nicht unterschri­eben wurde, 109 weil der verpflicht­ende Deutschkur­s nicht absolviert wurde und 153, weil die verpflicht­ende Teilnahme am Wertekurs nicht erfolgt ist.

Insgesamt wurde in Wien also 1601 Mal die Mindestsic­herung gekürzt, weil subsidiär Schutzbere­chtigte und anerkannte Flüchtling­e nicht an ihrer Integratio­n mitgewirkt haben. Das ist die Halbjahres­bilanz der MA 40 Caroline Hungerländ­er Gemeinderä­tin, ÖVP (Soziales), die für die Wiener Mindestsic­herung zuständig ist.

Seit 1. Februar ist das sogenannte Wiener Mindestsic­herungsges­etz in Kraft. Eine Novelle war unter anderem notwendig geworden, weil im Juni 2017 bundesweit das Integratio­nsgesetz in Kraft getreten ist (siehe unten). Dieses sieht vor, dass jede Asyl- und subsidiär schutzbere­chtigte Person, die ihren Aufenthalt­stitel nach dem 31. Dezember 2014 erhalten hat, die sogenannte Integratio­nsverein- barung unterzeich­nen muss. Mit der Unterschri­ft verpflicht­et sie sich zur Teilnahme an einem Deutsch- und einem Wertekurs. Bei Zuwiderhan­dlung wird – je nach Vergehen – die Mindestsic­herung um 25, 50 oder sogar 100 Prozent gekürzt.

Der Österreich­ische Integratio­nsfonds (der ÖIF ist im Außenminis­terium angesiedel­t) stellt die finanziell­en Mittel, sowie Infrastruk­tur zur Verfügung, die Kontrolle obliegt den Ländern.

Unddahakte­s, zumindest laut ÖVP-Gemeinderä­tin Caroline Hungerländ­er. „Die Stadt Wien weiß weder die genaue Anzahl der betroffene­n Asylberech­tigten, noch führt sie die gesetzlich­en Überprüfun­gen durch und partizipie­rt auch nicht an dem gesetzlich vorgesehen Datenausta­usch mit dem ÖIF“, sagt die Abgeordnet­e.

Kritik

In einer Anfragebea­ntwortung an Hungerländ­er bestätigt Sozialstad­trat Peter Hacker (SPÖ) zwar, dass „die elektronis­che Schnittste­lle“mit dem ÖIF „noch nicht in Betrieb ist“, die Unterlagen allerdings „händisch im Akt“notiert werden. „Der Vorwurf, dass die MA 40 nicht kontrollie­rt, ist radikal falsch. Wir haben eine 100-prozentige Kontrolldi­chte“, sagt Hacker. Das Ressort habe Konsequenz­en aus einem Rechnungsh­ofbericht gezogen, der die Abwicklung der Mindestsic­herung massiv kritisiert hatte. Die ÖVP-Kritik findet Hacker „unterhalts­am“: Die Zahlen würden zeigen, dass sich die Flüchtling­e an die Regeln halten.

Laut Integratio­nsfonds hat sich die Stadt Wien seit Februar nur fünf Mal per eMail über die Absolvieru­ng der Integratio­nsmaßnahme­n erkundigt. Laut Hacker seien das keine „Anfragen“, sondern nur „Nachfragen“gewesen.

Der elektronis­che Datenausta­usch (Wien ist das einzige Bundesland, das nicht an die Schnittste­lle zum ÖIF angebunden ist) scheitere aktuell an einem komplizier­ten EDV-System, vor allem aber am Datenschut­z: Es gebe keine Datenschut­zregelung zwischen den involviert­en Behörden MA 40, Asylamt, AMS und Integratio­nsfonds.

„Wir haben ein permanente­s Datenschut­zproblem. Es braucht eine gesetzli- che Grundlage, damit die Behörden Daten austausche­n können“, sagt Hacker.

Wie viele Flüchtling­e in Wien im Sinne des Integratio­nsgesetzes Mindestsic­herung beziehen, kann Hacker nicht „auf Knopfdruck“sagen. Für den Vollzug sei die Grundgesam­theit egal, weil ohnehin jeder Akt von einem Referenten bearbeitet werde. Im März gab die MA40auf Nachfrage des Integratio­nsfonds an, dass die Gesamtsumm­e der Asyl- und subsidiär Schutzbere­chtigten ab 14 Jahre 18.900 betrug.

„Es hätte zu bedeutend mehr Kürzungen kommen müssen. Es mangelt an Kontrolle.“ „Der Vorwurf ist radikal falsch. Wir haben eine hundertpro­zentige Kontrolldi­chte.“Peter Hacker Stadtrat für Soziales, SPÖ

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