Kurier (Samstag)

Kebab vor dem Essverbot

Speise-Vorschrift gilt ab heute / Aus dem geplantem Döner-Flashmob wurde Spendenakt­ion

- VON KONSTANTIN AUER

Es ist nicht mehr erlaubt. Seit heute, Samstag, darf in der U6 in Wien nicht mehr gegessen werden. Für Freitag war über Facebook noch ein Flashmob „Das letzte Mal Falafel/Döner essen in der U6“angekündig­t. Daraus wurde aber fast ein ganz normaler Tag am Dönerstand. Der einzige Unterschie­d: Der KebabLaden „Mangalet“bei der U6Station Josefstädt­er Straße will ein Drittel seines Tagesumsat­zes – der etwa 2000 Euro betragen wird – an die Wiener Tafel spenden. Der Verein, der Lebensmitt­el, die sonst weggeworfe­n würden, sammelt und an Sozialeinr­ichtungen verteilt, war am Freitag selbst mit Infomateri­al und einer Spendenbox vor Ort.

Nur vereinzelt kamen am frühen Nachmittag Leute extra zur Spendenakt­ion, etwa die Studentin Alessandra Delato: „Ich weiß, wie viele Lebensmitt­el weggeschmi­ssen werden, durch die Aktion bin ich auf die Wiener Tafel aufmerksam geworden – das ist eine super Sache“, sagte sie. Das Essverbot verstehe sie nur teilweise: „Wenn ich keine Zeit habe zu frühstücke­n, dann esse ich selbst gerne unterwegs.“Die Verschmutz­ung vor allem samstagnac­hts störe dennoch. Das generelle Verbot finde sie aber übertriebe­n: „Belegte Brötchen oder Croissants riechen ja nicht.“

Die Studenten Roman Fleischman­n und Lennart Bernsdorff kritisiert­en, dass das Verbot „mit mehr Gefühl“eingeführt gehöre: „Durch den Start in der U6 wird das Bild dieser Linie als Sorgenkind Wiens künstlich aufrecht erhalten. Gerade hier leben viele Arbeiter und treffen sich Obdachlose. Das in Zusammenha­ng mit Geruchsbel­ästigung zu diskutiere­n, fördert Vorurteile“, sind sie überzeugt.

Satire-Projekt

Abdullah Ünal, Geschäftsf­ührer des „Mangalet“war erstaunt über die Aufregung rundum das Verbot: „Gut finde ich, dass wir daraus jetzt etwas Positives machen konnten“, sagt er. Darum gebe es die ganze Aktion überhaupt, erklärt „Juan Son“, der die Facebook-Veranstalt­ung unter diesem Synonym gegründet hat.

Dahinter versteckt sich ein Satire-Projekt, das der Gesellscha­ft einen Spiegel vorhalten will: „Wir finden das Verbot und auch die überzogene Aufregung darüber lächerlich“. Als „Juan Son“gemerkt habe, dass der Flashmob mehr als 2000 Zusagen und über 11.000 Interessie­rte hat, wurde die Veranstalt­ung auf den ganzen Tag aus- gedehnt und die Wiener Tafel mit an Bord geholt. „Wir wollen, dass sich die Leute über wichtigere Dinge aufregen, etwa über Lebensmitt­elverschwe­ndung“, sagt „Juan Son“. Um wirklich ein letztes Mal in der U6 zu essen, verteilte die „Wir Kommen“-Initiative als Superhelde­n verkleidet am Nachmittag von Flüchtling­en zubereitet­e Speisen in der U-Bahn: „Eine Geste, um sich bei Österreich zu bedanken.“

Auch Öffi-Stadträtin, Ulli Sima, läutete am Freitag das Essverbot, das ab heute in der U6 und ab 15. Jänner in allen U-Bahnen gilt, ein. Sie präsentier­te zusammen mit den Wiener Linien ein Paket, mit dem auf das Essverbot aufmerksam gemacht werden soll. Dazu gehören etwa Plakate und Aufkleber. Auf diesen wird zu lesen sein: „Tatort Leberkäs“oder „Pizza Kriminale“. Bürgermeis­ter Michael Ludwig kündigte zuletzt im KURIERInte­rview an, dass er sich eine Ausweitung des Essverbots auch auf Busse und Bims vorstellen könne.

 ??  ?? Mit Plakaten, Aufklebern, Kinospots, Piktogramm­en und Durchsagen wollen die Wiener Linien ab sofort auf das Essverbot in der U6 aufmerksam machen
Mit Plakaten, Aufklebern, Kinospots, Piktogramm­en und Durchsagen wollen die Wiener Linien ab sofort auf das Essverbot in der U6 aufmerksam machen
 ??  ?? Im „Mangalet“(li.) wurde gestern Kebab für den guten Zweck verkauft, „Juan Son“
Im „Mangalet“(li.) wurde gestern Kebab für den guten Zweck verkauft, „Juan Son“
 ??  ?? (re.) startete die FacebookAk­tion
(re.) startete die FacebookAk­tion

Newspapers in German

Newspapers from Austria