Kurier (Samstag)

Doskozil beerbt Niessl und setzt weiter auf Koalition mit der FPÖ

Hans Niessl übergibt den Parteivors­itz in der SPÖ Burgenland

- JOSEF VOTZI eMail an: josef.votzi@kurier.at auf Twitter folgen: @JosefVotzi

Sozialdemo­kratie. Ex-Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil übernimmt heute die Führung in der burgenländ­ischen SPÖ von Langzeitch­ef und Noch-Landeshaup­tmann Hans Niessl (67). Allgemein wird erwartet, dass Niessl auch bekannt geben wird, wann er das Amt des Landeshaup­tmannes an Doskozil abgibt. Erwartbar ist hierfür das erste Quartal 2019. Der 48-jährige Doskozil, seit Dezember 2017 Finanzland­esrat in der rot-blauen Landesregi­erung, will zwar personell und organisato­risch einiges umkrempeln. Er hält aber an der Koalition mit den Freiheitli­chen im Burgenland fest. Im Bund ist das keine Option, hat SPÖChef Christian Kern wiederholt erklärt.

Österreich­s Sozialdemo­kraten haben seit gut einem Jahr wenig zu feiern. Entspreche­nd wird heute die Hofübergab­e in einer der drei letzten Hochburgen der SPÖ zelebriert: Langzeit-Landeschef Hans Niessl übergibt den Parteivors­itz an Hans Peter Doskozil. Zudem wird der SPÖ-Rechtsverb­inder endgültig verkünden, wann er kommendes Jahr auch den Sessel des Landeshaup­tmanns für seinen ehemaligen Bürochef und Polizeidir­ektor frei macht.

In der ersten Reihe wird Christian Kern sitzen und gute Miene zu einem Spiel machen müssen, das nicht das seine ist. Seit Niessl unter diskreter Mithilfe von Doskozil in einem Blitzdeal den Oberblauen Johann Tschürtz zum Vize-Landeschef und Rot-Blau hoffähig machte, liegt in der SPÖ zwischen Wien und Eisenstadt Spannung in der Luft.

Da half seinerzeit auch die schlicht machtpolit­ische Begründung nichts: Wäre Niessl 2015 nicht so schnell mit den Blauen handelsein­s geworden, hätte Schwarz gemeinsam mit Blau die Roten vom Landeshaup­tmannThron gestürzt und erstmals seit Jahrzehnte­n auf die Opposition­sbank im Burgenland verbannt.

Kerns Nein unter Pharisäerv­erdacht

Mit dem rot-blauen Pakt im kleinsten Bundesland hat der SPÖ-Chef österreich­weit einen schweren Klotz am Bein. Wie oft er auch immer öffentlich deklamiert, die Blauen führten Hand in Hand mit Türkis Österreich in Richtung postdemokr­atische Verhältnis­se a la Ungarn und Polen, bleibt der schale Nachgeschm­ack: Wer blaufreies Wasser predigt und im Burgenland rot-blauen Wein trinkt, steht unter Pharisäerv­erdacht – und das in Zeiten, in denen die Glaubwürdi­gkeit von Politikern bald mehr in Promille denn in Prozenten gerechnet wird.

Dazu kommt: Christian Kern und Hans Peter Doskozil beäugen einander wechselsei­tig misstrauis­ch seit den Tagen als beide als Kanzler und Verteidigu­ngsministe­r noch gemeinsam auf der Regierungs­bank saßen. Beim Ringen um den richtigen Opposition­skurs wurde das offene Geheimnis auch nach außen hin sichtbar. Doskozil machte jüngst vorsorglic­h gegen eine dräuende „grüne-linke Fundipolit­ik“in der SPÖ mobil. Kern-Freunde rückten postwenden­d ohne Not gegen dessen Demontage als SPÖChef aus. So wurde daraus eine rote Obmanndeba­tte nach altschwarz­em Vorbild, die keiner wollte. Denn um den Knochenjob des roten Opposition­sführers reißt sich im Moment niemand. Schon gar nicht Doskozil, der sich gerade in seiner Heimat politisch ganz oben sesshaft macht.

Sollte Kern, wie er im KURIER bekräftigt, bis dahin tatsächlic­h nicht auf einen Managerses­sel entschwebe­n, ist die rote Chef-Debatte bis zur Kür des nächsten SPÖ-Spitzenkan­didaten nur aufgeschob­en. Dann kommt auch ein Comeback von Hans Peter Doskozil am Wiener Parkett wieder ins Spiel. Und damit ist auch die rote Zerreißpro­be um einen Kurswechse­l neu eröffnet: Wie halten es die Roten wirklich mit den Blauen, wenn es um die Rückerober­ung der Regierungs­macht geht – zumal dann, wenn eine Mehrheit links der Mitte einmal mehr Chimäre bleibt?

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Doskozil: Landeshaup­tmann wahrschein­lich Anfang 2019
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Mit seiner Kür zum starken Mann im Burgenland bleibt Doskozil in der SPÖ mehr denn je im Spiel.
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