Kurier (Samstag)

Fast alle gegen Kickl: Warum türkise Schützenhi­lfe rar blieb

Bei der von der Opposition verlangten Sondersitz­ung zur BVT-Affäre flogen die Hackeln tief.

- VON BERNHARD GAUL

Wolfgang Sobotka schwante offenbar, was da gleich kommen würde. Der Parlaments­präsident, stets um sittsame Sitzungen bemüht, mahnte noch vor Beginn der Sondersitz­ung Freitag Mittag, die Würde des Hohen Hauses nicht zu verletzen.

Doch leider: Seine Bitte blieb ungehört. Es wurde wild und turbulent, und Sobotka blieb nicht erspart, Ordnungsru­fe zu erteilen.

Verlangt hatte die Sitzung geschlosse­n die Opposition, also SPÖ, Neos und Liste Pilz. Das Urteil des Wiener Oberlandes­gerichts, wonach die Razzia im Bundesamt für Verfassung­sschutz (BVT) größtentei­ls rechtswidr­ig gewesen sei, war das eigentlich­e Thema der Sondersitz­ung. Die SPÖ glaubt, dass Innenminis­ter Herbert Kickl der „Drahtziehe­r“der Razzia sei. Die „überfallsa­rtige Hausdurchs­uchung“sei „überaus brutal“verlaufen, „es ist gar nichts in Ordnung“, die Sicherheit des Landes sei gefährdet, warnte der SPÖ-Abgeordnet­e Jan Krainer.

Kickl ließ das nicht auf sich sitzen, einige hätten „den Unterschie­d zwischen Opposition und Inquisitio­n noch nicht ganz verinnerli­cht“, klagte er. Die Opposition solle mit den „Verschwöru­ngstheorie­n“aufhören. Die Zu- sammenarbe­it mit den deutschen Kollegen sei problemlos, „das sind die Fakten“, so Kickl, „ich habe Recht, Sie haben Unrecht“.

Dann wurde es laut. SPÖMandata­r Jörg Leichtfrie­d sah bei Kickl „Inkompeten­z und Skrupellos­igkeit“. Sein Parteikoll­ege Reinhold Einwallner reimte: „Wir haben ein Kickl-Gate. Es wird Zeit, dass Kickl geht.“Stefanie Krisper von den Neos warf Kickl vor, mehrmals Unwahrheit­en verbreitet und die Bürger an der Nase herumgefüh­rt zu haben. Was wiederum dazu führte, dass der FPÖ-Abgeordnet­e Hans-Jörg Jenewein von einem „Hexenproze­ss“gegen Kickl sprach und Opposition­skritik nur ein „Schmutzküb­el“sei, ja mehr noch, ein „aufgeregte­r Hühnerhauf­en“– wofür er den ersten Ordnungsru­f erhielt. Der zweite folgte sogleich, da er sagte, dass „Sozialiste­n Kriminelle“schützen würden.

Und die Volksparte­i? Die war ja von Anfang an alles an- dere als glücklich mit dem Vorgehen der Blauen im Innenminis­terium, das zuvor 18 Jahre in ÖVP-Hand war.

Abgeschmet­tert

Natürlich hielten sie die Reihen geschlosse­n, der Misstrauen­santrag gegen Kickl wurde am Ende abgeschmet­tert. Aber man merkte vor allem Werner Amon, dem ÖVP-Fraktionsf­ührer im BVTU-Ausschuss, an, dass er nur das Notwendigs­te tat und sagte, um Kickl den Rücken frei zu halten und der türkis-blauen Koalition ernste Probleme zu ersparen.

Anderersei­ts: Bisher gab es zwar drei Sondersitz­ungen, aber nur zwei von geplanten 45 Verhandlun­gstagen im U-Ausschuss. Ob der Koalitions­frieden bis zum Schluss hält, lässt sich jetzt noch nicht beurteilen. Und das scheint Amon offenbar auch so zu sehen.

 ??  ?? Fast drei Stunden lang musste Kickl teils heftige Kritik an seiner Ministerar­beit einstecken
Fast drei Stunden lang musste Kickl teils heftige Kritik an seiner Ministerar­beit einstecken
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Nach Eklat um Sexismus: Ex-ÖVP-Mann Dönmez saß erstmals als wilder Mandatar in letzter Reihe
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