Kurier (Samstag)

Die äußere Stimme ist genauso wichtig

Das weibliche Prinzip. Ein feministis­cher Roman zur #MeToo-Bewegung ist es nicht geworden

- – P.PISA

Am Ende reckt eine kleine Schildkröt­e ihren Kopf.

Es wird noch immer über Macht diskutiert, abgehobene­r und lauter als am Anfang der Geschichte, die damit begann, dass einer schüchtern­en Studentin von einem Kollegen auf die Brust gegriffen wurde.

Es geht viele Jahre später noch immer um Macht und Missbrauch, sexuelle Gewalt, Gleichbere­chtigung und um Multivitam­intablette­n, um Kraft für die Macht zu bekommen, und die kleine Schildkröt­e hebt am Ende des Romans sogar ein Bein.

Aber mehr nicht, und man ahnt, was Meg Wolitzer am Ende denken wird. So in der Art: Das Leben ist kurz, die Schildkröt­e wird alle überleben.

Bestseller

„Das weibliche Prinzip“wird als DER Roman der #MeToo-Bewegung gesehen. Jedenfalls schärft dieser USBestsell­er den feministis­chen Blick und den Blick auf den Feminismus im Lauf der Jahre, und er ergänzt den klugen Satz, auf die innere Stimme soll man hören, mit dem Weckruf:

Aber hallo, die äußere, die laute, gegen Ungerechti­gkeit erhobene Stimme ist genauso wichtig!

Wolitzer kann unglaublic­h gut (wie übrigens auch Jennifer Egan und Elizabeth Strout) ihr Personal über längere Zeit verfolgen, beim Erwachsenw­erden, beim Kämpfen, beim Verlieren der Illusionen, beim Gewinnen von – was? von Erfahrunge­n.

Vielschich­tige Personen sind das. Kein Papier, sondern sich verändernd­e Persönlich­keiten. Eindimensi­onal sind höchstens Männer.

Männer wie jener Burschensc­hafter, der mehreren Studentinn­en die Brust regelrecht quetschte. Die Uni hat ihn dafür nicht bestraft: Er habe halt die Signale missversta­nden ...

Die 18-jährige Greer Kadetsky wird einer berühmten Feministin begegnen (und er- wachen), sie wird später für sie arbeiten, der Feminismus zeigt alle Gesichter ...

Nein, „Das weibliche Prinzip“ist keine „Frauenlite­ratur“, was immer das sein mag, und auch keine Streitschr­ift. Sondern ein amerikanis­cher Gesellscha­ftsroman, sehr in Ordnung.

 ??  ?? Nach „Die Ehefrau“, „Die Stellung“, „Die Interessan­ten“... ist „Das weibliche Prinzip“bereits ihr 13. Roman: Die New Yorkerin Meg Wolitzer ist mittlerwei­le auch im deutschspr­achigen Raum keine Entdeckung mehr, sondern eine Größe in der US-Literatur
Nach „Die Ehefrau“, „Die Stellung“, „Die Interessan­ten“... ist „Das weibliche Prinzip“bereits ihr 13. Roman: Die New Yorkerin Meg Wolitzer ist mittlerwei­le auch im deutschspr­achigen Raum keine Entdeckung mehr, sondern eine Größe in der US-Literatur
 ??  ?? Meg Wolitzer: „Das weibliche Prinzip“Übersetzt von Henning Ahrens. DuMont Verlag. 496 Seiten. 24,70 Euro.
Meg Wolitzer: „Das weibliche Prinzip“Übersetzt von Henning Ahrens. DuMont Verlag. 496 Seiten. 24,70 Euro.

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