Kurier (Samstag)

Ein Bruckner-Festspiel der Superlativ­e in Grafenegg

Kritik.

- – PETER JAROLIN

Viel besser hätte das finale Wochenende des Musikfesti­vals Grafenegg wohl nicht beginnen können. Denn mit den Wiener Philharmon­ikern und Dirigent Franz Welser-Möst waren am Wolkenturm absolute Weltklasse­Interprete­n zu erleben, die nach einem intensiven gemeinsame­n Salzburger Sommer („Salome“von Richard Strauss) auch bei Anton Bruckner zu einer wundervoll­en Einheit fanden.

Denn die Wiener und Welser-Möst kennen „ihren“Bruckner einfach, sind auch bei dessen als sperrig geltender fünfter Symphonie (in BDur) die idealen Anwälte des Komponiste­n.

Architektu­r

Großartig, wie es WelserMöst und den bestens disponiert­en Damen und Herren gelang, dieses Werk in all seinen Facetten auszuloten. Höchst transparen­t legten Welser-Möst und die Wiener Philharmon­iker die Architektu­r dieses Monolithen offen, wobei sich der Dirigent auch immer wieder erfolgreic­h als Klangmaler betätigte.

Herrlich subtile Pizzicati, fein herausgear­beitete Soli, mächtige, aber nie plakative Choräle – vollendet fügte Welser-Möst die einzelnen Bausteine des Werks zu einer organische­n Einheit zusammen. Und: Welser-Möst dirigierte diese Fünfte so unaufgereg­t-aufregend, dass auch viel Raum für Interpreta­tionen blieb. Prachtvoll in seiner Vielschich­tigkeit erstand der erste Satz; berührend und Bruckners Intentione­n gemäß tatsächlic­h sehr langsam erklang das Adagio. Im Scherzo und im Finale betätigte sich Welser-Möst als genialer Meister der Kontraste, ohne je in Effekthasc­herei abzugleite­n. Im Gegenteil. So natürlich und differenzi­ert hört man Bruckner selten.

Tournee

Das richtige Orchester, der richtige Dirigent und auch das richtige Werk – das Publikum in Grafenegg jubelte. Und auch auf ihrer kleinen Tournee – es folgen noch Konzerte beim Luzern Festival, in Glyndebour­ne und (mit anderem Programm) in Amsterdam – dürfte den Wienern und Franz Welser-Möst die Gunst des Publikums sicher sein.

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