Ein Bruckner-Festspiel der Superlative in Grafenegg
Kritik.
Viel besser hätte das finale Wochenende des Musikfestivals Grafenegg wohl nicht beginnen können. Denn mit den Wiener Philharmonikern und Dirigent Franz Welser-Möst waren am Wolkenturm absolute WeltklasseInterpreten zu erleben, die nach einem intensiven gemeinsamen Salzburger Sommer („Salome“von Richard Strauss) auch bei Anton Bruckner zu einer wundervollen Einheit fanden.
Denn die Wiener und Welser-Möst kennen „ihren“Bruckner einfach, sind auch bei dessen als sperrig geltender fünfter Symphonie (in BDur) die idealen Anwälte des Komponisten.
Architektur
Großartig, wie es WelserMöst und den bestens disponierten Damen und Herren gelang, dieses Werk in all seinen Facetten auszuloten. Höchst transparent legten Welser-Möst und die Wiener Philharmoniker die Architektur dieses Monolithen offen, wobei sich der Dirigent auch immer wieder erfolgreich als Klangmaler betätigte.
Herrlich subtile Pizzicati, fein herausgearbeitete Soli, mächtige, aber nie plakative Choräle – vollendet fügte Welser-Möst die einzelnen Bausteine des Werks zu einer organischen Einheit zusammen. Und: Welser-Möst dirigierte diese Fünfte so unaufgeregt-aufregend, dass auch viel Raum für Interpretationen blieb. Prachtvoll in seiner Vielschichtigkeit erstand der erste Satz; berührend und Bruckners Intentionen gemäß tatsächlich sehr langsam erklang das Adagio. Im Scherzo und im Finale betätigte sich Welser-Möst als genialer Meister der Kontraste, ohne je in Effekthascherei abzugleiten. Im Gegenteil. So natürlich und differenziert hört man Bruckner selten.
Tournee
Das richtige Orchester, der richtige Dirigent und auch das richtige Werk – das Publikum in Grafenegg jubelte. Und auch auf ihrer kleinen Tournee – es folgen noch Konzerte beim Luzern Festival, in Glyndebourne und (mit anderem Programm) in Amsterdam – dürfte den Wienern und Franz Welser-Möst die Gunst des Publikums sicher sein.