Kurier (Samstag)

Kein Asyl für Homosexuel­len

Homosexuel­ler Afghane hatte keine Nacktbilde­r am Handy/ Richter prüfte griechisch­e Philosophe­n

- VON UND LISA RIEGER MICHAELA REIBENWEIN

Abgelehnt. Ein Afghane hatte keine eindeutige­n Beweise für seine sexuellen Orientieru­ng auf dem Handy: negativer Bescheid.

Im August wurden zwei Fälle von homosexuel­len Männern bekannt, deren Asylbesche­ide negativ ausgestell­t wurden. Die Gründe: Bei dem einen habe „das Gehabe nicht darauf hingedeute­t“, dass der 18-jährige Afghane homosexuel­l sei. Der andere, ein 27-jähriger Iraker, habe hingegen ein „überzogen mädchenhaf­tes Verhalten“an den Tag gelegt. Die Plattform „Fairness Asyl“sammelt nun weitere „Textperlen“. Am Freitag präsentier­ten sie einen weiteren Fall, den sie als noch „schockiere­nder und respektlos­er“bezeichnen.

Lieblingss­eiten

Demnach wurde im Jänner 2018 einem homosexuel­len Mann aus Afghanista­n mit folgenden Worten Asyl in Österreich verwehrt: „Nachdem Sie über ein Smartphone verfügen und offensicht­lich auch das Internet nutzen, ist es äußerst unwahrsche­inlich, dass Sie bei tatsächlic­hem Verkehr mit anderen Männern, keinerlei Fotos (resultiere­nd aus Chats) auf Ihrem Handy vorweisen können (Fotos wurden freiwillig gezeigt).“Weiters heißt es: „Auch kann nicht nachvollzo­gen werden, dass Sie nur oberf lächliche Angaben zu Ihrem Internetnu­tzungsverh­alten angeben können. Hier wäre bei tatsächlic­hem Interesse (wie angegeben) an pornograph­ischem Material über Homosexuel­le, zumindest von Lieblingss­eiten im Internet auszugehen.“

Die Identität des noch im Asylverfah­ren befindlich­en Mannes soll aus Sicherheit­sgründen geschützt werden. Doro Blancke, die Gründerin von „Gib mir deine Hand“, die die „Textperlen“mitpräsent­iert hat, sagte aber, dass es sich nicht um die Regionalst­elle Wiener Neustadt des Bundesamts für Fremdenwes­en und Asyl (BFA) handle, wo der erste Fall stattgefun­den hatte. Vielmehr ziehe sich „das Problem durch das ganze Land“, wie sie betonte. „Die Bescheide des BFA sind noch immer teils von persönlich­en politische­n und gesellscha­ftlichen Einstellun­gen der Beamten motiviert“, sagten auch Wolfgang Salm, Gründer von „Fairness Asyl“und Andrea Mayrwöger, Gründerin von „Hörsching hilft“.

Qualitätsm­anagement

In den vergangene­n Monaten sei auf diese Situation mehrmals aufmerksam gemacht worden. „Sowohl vonseiten des Direktors des BFA, Wolfgang Taucher, als auch von Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) wird immer wieder beruhigt und eine intensive Qualitätsk­ontrolle versproche­n“, sagte Salm. Dem Referenten des internatio­nal bekannt gewordenen Bescheids des 18-jährigen Afghanen sei zwar die Approbatio­n entzogen worden, im Falle des „zu mädchenhaf­ten“Asylwerber­s hätte sich das Innenminis­terium jedoch schützend vor den Mitarbeite­r gestellt und „damit ein deutliches Signal gesetzt“, sagte Slam. „Ein Qualitätsm­anagement fehlt“, kritisiert­e Slam. Neos-Abgeordnet­e Stephanie Krisper hat am Dienstag ebenfalls eine schriftlic­he Anfrage an Kickl gestellt, die in dieselbe Kerbe schlägt.

Das Innenminis­terium hatte dagegen am17. August betont, „behördenin­terne Maßnahmeng­esetzt“zu haben. Ein respektvol­les Verhalten sei die Grundvorau­ssetzung für die Arbeit des BFA. Außerdem wurde eine Evaluierun­g von 500 Bescheiden angekündig­t.

In einem anderen Fall führte die bemerkensw­erte Befragung eines afghanisch­en Asylwerber­s dazu, dass Brigitte Bierlein, Präsidenti­n des Verfassung­sgerichtsh­ofes (VfGH), die Notbremse zog. Der Richter soll den Afghanen unter anderem über griechisch­e Philosophe­n abgeprüft haben – acht Stunden lang, bei extrem hohen Raumtemper­aturen.

Der Asylwerber (vertreten von Georg Zanger) hatte schon einen Abschiebet­ermin, als der VfGH einen Tag nach Einbringun­g einer Beschwerde wegen schwerer Verfahrens­rechtsfehl­er dem Rechtsmitt­el aufschiebe­nde Wirkung zuerkannte. „Das war haarscharf“, sagt Zanger, der auch das rasche Eingreifen des VfGh lobte.

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Einem weiteren homosexuel­len Asylwerber wurde ein negativer Bescheid mit kurioser Begründung durch das BFA ausgestell­t

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