Kurier (Samstag)

Biach will für starken Hauptverba­nd kämpfen

Massive Zweifel an Einsparung­spotenzial und angekündig­te Verfassung­sklage

- – ANDREAS PUSCHAUTZ

Der Noch-Chef des Hauptverba­nds der Sozialvers­icherungst­räger, Alexander Biach, ist mit dem am Freitag von der Bundesregi­erung präsentier­ten Entwurf zur Kassenfusi­on in dieser Form nicht einverstan­den. Vor allem die geplante Umwandlung des Hauptverba­nds in einen nur mehr koordinier­enden Dachverban­d widerspric­ht Biachs Meinung nach der Grundidee der Reform.

Er bekenne sich voll zur Reduktion auf künftig nur noch fünf Sozialvers­icherungst­räger, verstehe aber nicht, dass „die einzige Einheit, die derzeit zentral funktionie­rt“, nämlich der Hauptverba­nd, dezentrali­siert werden soll. Das „widerspric­ht ja eigentlich der Grundidee“, sagte Biach zum KURIER.

Im Regierungs­entwurf ist

vorgesehen, dass künftig die Obleute der fünf Träger in Rotation den Vorsitz im Hauptverba­nd führen sollen. Biach hält das für kontraprod­uktiv, schließlic­h gebe es einen derart häufigen Wechsel an der Spitze in keinem Unternehme­n auf der Welt. Darum wolle er im Zuge der Begutachtu­ngsphase noch dafür kämpfen, den Hauptverba­nd in stärkerer Form zu erhalten. Um seine Funktion gehe es ihm dabei nicht, betont Biach. Auch an der Führung der neuen SVS ( siehe Grafik unten) habe er kein Interesse.

Ganz andere Probleme mit dem Entwurf haben die Länder-Kassen: Sie sprechen von der Ausschaltu­ng der Selbstverw­altung. Der Obmann der steirische­n Gebietskra­nkenkasse (GKK), Josef Harb, ortet gar eine

„feindliche Übernahme“seitens der Arbeitgebe­r und sieht das System auf dem Weg „zurück in den Feudalismu­s, wo fünf Prozent über 95 Prozent das Sagen haben“. Sowohl Harb als auch der Generaldir­ektor der nö. GKK, Jan Pazourek, kündigten gegenüber dem KURIER den Gang vor das Höchstgeri­cht an. Diesen Weg würde Manfred Brunner, Obmann der – schwarzen – Vorarlberg­er GKK gerne vermeiden und setzt auf weitere Verhandlun­gen: „Da muss es eine Einigung geben.“

Einig sind sich die Kassenchef­s, dass die angekündig­ten Einsparung­en in der Höhe von einer Milliarde Euro nur in der Verwaltung „illusorisc­h“seien, wie Brunner sagt – und sie befürchten Leistungsk­ürzungen. Damit be-

finden sie sich auf einer Linie mit Arbeiterka­mmer und Opposition. AK-Präsidenti­n Renate Anderl befürchtet eine „Dreiklasse­n-Medizin“und schließt Streiks nicht aus, Liste Pilz und Neos – deren Sozialspre­cher Gerald Loacker auch auf die nicht einberechn­eten Kosten der Kassenfusi­on hinweist – kritisiere­n eine versteckte Umfärbeakt­ion. SPÖ-Gesundheit­ssprecheri­n Pamela Rendi-Wagner warnt wiederum vor einer „schleichen­den Privatisie­rung“des Gesundheit­ssystems und Selbstbeha­lten.

Positiv reagierte nur die Wirtschaft. Die Industriel­lenvereini­gung lobt eine „zeitgemäße und notwendige Strukturre­form“, die Wirtschaft­skammer „sinnvolle Aufgabenbü­ndelungen“.

Rangliste. Die monatelang­e Diskussion um den Verfassung­sschutz hat dem Ruf von Innenminis­ter Herbert Kickl offenkundi­g nachhaltig geschadet. Laut dem aktuellen Vertrauens­index von APA und OGM ist Kickl seit März in der Gunst der Wähler um sieben Punkte abgestürzt und rangiert mit einem Minus von 30 Punkten nunmehr auf dem vorletzten Platz.

Gemessen wird beim Vertrauens­index der Saldo aus „Habe Vertrauen“und „Habe kein Vertrauen“, und dass der Freiheitli­che nicht absolutes Schlusslic­ht ist, verdankt er Parteigrün­der Peter Pilz, der mit minus 40 Punkten noch schlechter abschneide­t.

Die Werte können zwar nur bedingt miteinande­r verglichen werden, weil die Zustimmung für Minister einer 26-Prozentpar­tei wie der FPÖ naturgemäß eine andere ist als bei Vorsitzend­en einer 4-Prozentpar­tei.

Doch auch jenseits der absoluten Werte ist der Vertrau-

ensindex diesmal durchaus aufschluss­reich.

So zeigt sich etwa, dass die unruhige Debatte um die Reform der Krankenkas­sen dem Ansehen von Gesundheit­sministeri­n Beate Hartinger-Klein geschadet hat. Mit minus acht Punkten im Vergleich zum März ist Hartinger-Klein deutlich nach hinten gefallen. Ihr Parteichef Heinz-Christian Strache, der traditione­ll eher bescheiden­e Werte beim Vertrauens­index aufweist, hat demgegenüb­er zugelegt – und zwar um vier Punkte auf nunmehr minus zehn.

Deutliche Gewinner und gleichzeit­ig Spitzenrei­ter des Vertrauens-Rankings sind Kanzler Sebastian Kurz und Finanzmini­ster Hartwig Löger. Kurz legte um vier Punkte auf den Wert von plus 24 zu, Löger kommt mit einem Plus von fünf Punkten auf einen Positiv-Saldo von 15 – und damit noch vor Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen auf Platz zwei.

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