Biach will für starken Hauptverband kämpfen
Massive Zweifel an Einsparungspotenzial und angekündigte Verfassungsklage
Der Noch-Chef des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, Alexander Biach, ist mit dem am Freitag von der Bundesregierung präsentierten Entwurf zur Kassenfusion in dieser Form nicht einverstanden. Vor allem die geplante Umwandlung des Hauptverbands in einen nur mehr koordinierenden Dachverband widerspricht Biachs Meinung nach der Grundidee der Reform.
Er bekenne sich voll zur Reduktion auf künftig nur noch fünf Sozialversicherungsträger, verstehe aber nicht, dass „die einzige Einheit, die derzeit zentral funktioniert“, nämlich der Hauptverband, dezentralisiert werden soll. Das „widerspricht ja eigentlich der Grundidee“, sagte Biach zum KURIER.
Im Regierungsentwurf ist
vorgesehen, dass künftig die Obleute der fünf Träger in Rotation den Vorsitz im Hauptverband führen sollen. Biach hält das für kontraproduktiv, schließlich gebe es einen derart häufigen Wechsel an der Spitze in keinem Unternehmen auf der Welt. Darum wolle er im Zuge der Begutachtungsphase noch dafür kämpfen, den Hauptverband in stärkerer Form zu erhalten. Um seine Funktion gehe es ihm dabei nicht, betont Biach. Auch an der Führung der neuen SVS ( siehe Grafik unten) habe er kein Interesse.
Ganz andere Probleme mit dem Entwurf haben die Länder-Kassen: Sie sprechen von der Ausschaltung der Selbstverwaltung. Der Obmann der steirischen Gebietskrankenkasse (GKK), Josef Harb, ortet gar eine
„feindliche Übernahme“seitens der Arbeitgeber und sieht das System auf dem Weg „zurück in den Feudalismus, wo fünf Prozent über 95 Prozent das Sagen haben“. Sowohl Harb als auch der Generaldirektor der nö. GKK, Jan Pazourek, kündigten gegenüber dem KURIER den Gang vor das Höchstgericht an. Diesen Weg würde Manfred Brunner, Obmann der – schwarzen – Vorarlberger GKK gerne vermeiden und setzt auf weitere Verhandlungen: „Da muss es eine Einigung geben.“
Einig sind sich die Kassenchefs, dass die angekündigten Einsparungen in der Höhe von einer Milliarde Euro nur in der Verwaltung „illusorisch“seien, wie Brunner sagt – und sie befürchten Leistungskürzungen. Damit be-
finden sie sich auf einer Linie mit Arbeiterkammer und Opposition. AK-Präsidentin Renate Anderl befürchtet eine „Dreiklassen-Medizin“und schließt Streiks nicht aus, Liste Pilz und Neos – deren Sozialsprecher Gerald Loacker auch auf die nicht einberechneten Kosten der Kassenfusion hinweist – kritisieren eine versteckte Umfärbeaktion. SPÖ-Gesundheitssprecherin Pamela Rendi-Wagner warnt wiederum vor einer „schleichenden Privatisierung“des Gesundheitssystems und Selbstbehalten.
Positiv reagierte nur die Wirtschaft. Die Industriellenvereinigung lobt eine „zeitgemäße und notwendige Strukturreform“, die Wirtschaftskammer „sinnvolle Aufgabenbündelungen“.
Rangliste. Die monatelange Diskussion um den Verfassungsschutz hat dem Ruf von Innenminister Herbert Kickl offenkundig nachhaltig geschadet. Laut dem aktuellen Vertrauensindex von APA und OGM ist Kickl seit März in der Gunst der Wähler um sieben Punkte abgestürzt und rangiert mit einem Minus von 30 Punkten nunmehr auf dem vorletzten Platz.
Gemessen wird beim Vertrauensindex der Saldo aus „Habe Vertrauen“und „Habe kein Vertrauen“, und dass der Freiheitliche nicht absolutes Schlusslicht ist, verdankt er Parteigründer Peter Pilz, der mit minus 40 Punkten noch schlechter abschneidet.
Die Werte können zwar nur bedingt miteinander verglichen werden, weil die Zustimmung für Minister einer 26-Prozentpartei wie der FPÖ naturgemäß eine andere ist als bei Vorsitzenden einer 4-Prozentpartei.
Doch auch jenseits der absoluten Werte ist der Vertrau-
ensindex diesmal durchaus aufschlussreich.
So zeigt sich etwa, dass die unruhige Debatte um die Reform der Krankenkassen dem Ansehen von Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein geschadet hat. Mit minus acht Punkten im Vergleich zum März ist Hartinger-Klein deutlich nach hinten gefallen. Ihr Parteichef Heinz-Christian Strache, der traditionell eher bescheidene Werte beim Vertrauensindex aufweist, hat demgegenüber zugelegt – und zwar um vier Punkte auf nunmehr minus zehn.
Deutliche Gewinner und gleichzeitig Spitzenreiter des Vertrauens-Rankings sind Kanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Hartwig Löger. Kurz legte um vier Punkte auf den Wert von plus 24 zu, Löger kommt mit einem Plus von fünf Punkten auf einen Positiv-Saldo von 15 – und damit noch vor Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf Platz zwei.