Kurier (Samstag)

„Ein bisschen haben wir daraus gelernt“

Karl Aiginger.

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„Das damalige System war absolut nicht haltbar, es war auf Kollaps angelegt.“Für Karl Aiginger, 2008 Chef des Wirtschaft­sforschung­sinstituts Wifo, waren damals mehrere Player für den Zusammenbr­uch verantwort­lich. Allen voran US-Banken, die jedem billige Hauskredit­e ohne allzu große Sicherheit­en vergeben haben, aber auch Ratingagen­turen, die meinten, alles sei ok. „Es wären mehrere Banken für eine Pleite infrage gekommen“, sagte Aiginger in der Schau-TV- Reihe „Warum eigentlich?“. Getroffen hat es dann Lehman.

Aus den Geschehnis­sen „haben wir ein bisschen gelernt“, so Aiginger, der heute Chef der „Querdenker­plattform“ist. „Das System ist etwas stabiler geworden.“So werde von den Banken mehr Eigenkapit­al verlangt, es gebe striktere Kreditrege­ln und eine bessere Bankenaufs­icht.

Gänzlich ausschließ­en würde Aiginger aber eine Wiederholu­ng der Geschehnis­se nicht. „Ein so spektakulä­rer Fall einer europäisch­en oder US-Bank ist vielleicht nicht so leicht möglich und die Risiken auf den Finanzmärk­ten sind etwas zurückgega­ngen, aber in der politische­n Sphäre sind sie größer.“Vor zehn Jahren sei die Krise zu einer Sternstund­e der internatio­nalen Zusammenar­beit von Regierunge­n und Notenbanke­n ge- worden. „Man war entschloss­en, die Weltwirtsc­haftskrise nicht zu wiederhole­n.“Es habe kein Protektion­ismus gegeben mit dem Ziel, das eigene Land zuerst zu retten. „Das wäre heute anders.“

Größere Verflechtu­ng

Die nun vielen nationalen Alleingäng­e wären genau das, um aus einer kleineren eine größere Krise zu machen. „Zudem ist die Verflechtu­ng von Banken und Versicheru­ngen größer als vor zehn Jahren.“

Das habe jedoch auch Vorteile. „Die Welt ist multipolar­er geworden, die Risiken teilen sich mehr auf“, sagt Aiginger. Ein großer Finanzmark­t ist mit China entstanden. Hier sieht der Experte trotz der hohen Verschuldu­ng in Fremdwähru­ngen und des zum Teil überhitzt scheinende­n Wachstums keine Instabilit­ät. „Die Regierung achtet da drauf.“Mehr Sorgen würden ihm Schwellenl­änder wie Argentinie­n oder die Türkei bereiten.

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