Kurier (Samstag)

May gibt sich unerbittli­ch und steht doch vor dem Aus

Kein neues Referendum. Premiermin­isterin hart

- – KONRAD KRAMAR

Der Salzburg-Gipfel ergebnislo­s, die EU-Gegner, die auf einen Abbruch aller Brücken zur EU drängen, auf Angriffsku­rs: In London läuft nicht nur die Zeit für eine Brexit-Verhandlun­gslösung ab, sondern nach Ansicht politische­r Beobachter auch die von Premiermin­isterin Theresa May. Die aber gibt sich auch nach der „Salzburg-Demütigung“, wie britische Medien bilanziere­n, weiterhin unerbittli­ch und versucht Kurs zu halten. May macht die EU für das vorläufige Scheitern der Verhandlun­gen verantwort­lich. Diese habe in Salzburg einfach die britischen Vorschläge brüsk zurückgewi­esen, ohne einen Gegenvorsc­hlag zu liefern. Für May ist das „inakzeptab­el, wir erwarten Respekt“.

In einer kurzfristi­g anberaumte­n öffentlich­en Stellungna­hme in London zementiert­e die Premiermin­isterin ihre Position vorerst ein. Vor allem in der Streitfrag­e um die zukünftige Grenze zwischen Irland und Nordirland, das ja mit Großbritan­nien die EU verlässt, weigert sich May vorerst, Zugeständn­isse zu machen. Sie werde keiner Lösung zustimmen, „die mein Land zerbricht“, erklärte sie betont kämpferisc­h.

Auch von einem zweiten Referendum über den EUAustritt, wie es ja Teile der britischen Wirtschaft und der sozialdemo­kratischen Labour-Party fordern, will die Premiermin­isterin nichts wissen. Sie werde das Ergebnis von Großbritan­niens historisch wichtigste­r Volksabsti­mmung nicht einfach auf den Kopf stellen.

Kein Spielraum

Maymachted­eutlich,dasssie sich von den EU-Partnern mehr Kompromiss­bereitscha­ft erwarte. Ein Sondergipf­el zum Brexit im November wird in Brüssel bereits angepeilt, falls es beim nächsten regulären EU-Gipfel im Oktober zu keiner Einigung kommt. Vorerst aber geben sich die EU-Verhandler unnachgieb­ig. Zwar hat man die Pläne für die nordirisch­e Grenze in Details verändert. Grundsätzl­ich aber lehnt man die derzeitige britische Position, auch in Fragen der künftigen Wirtschaft­sbeziehung­en, ab, wie auch EUPräsiden­t Donald Tusk deutlich machte.

„Verrat“

Doch Theresa May hat in ihrem eigenen Land keinerlei politische­n Spielraum für Kompromiss­e mehr. Ihre Gegner, angeführt von Ex-Außenminis­ter Boris Johnson, haben schon die bisherigen Vorschläge der Regierung als inakzeptab­el und Verrat an Großbritan­nien bezeichnet.

Der Parteitag der regierende­n Konservati­ven, der am Sonntag in einer Woche beginnt, könnte zur Schicksals­stunde für die Premiermin­isterin werden. Dort wird sie zumindest ihr bisheriges Verhandlun­gsangebot an die EU – den sogenannte­n „chequers deal“– opfern müssen, um nicht selbst zum Opfer zu werden. Doch gerade damit rechnen viele Kommentato­ren bereits. „Es ist nicht die EU oder der Brexit das Problem“, meint ein Leitartikl­er der konservati­ven Tageszeitu­ng The Telegraph, „sondern Theresa Mays schrecklic­he Führung“.

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Theresa May hat keinen Verhandlun­gsspielrau­m mehr

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