Kurier (Samstag)

Interpol-Präsident trat Dienstreis­e an und verschwand – Untersuchu­ng eingeleite­t

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China-Reise. Interpol, das ist der weltweite Polizeiver­band, über den vor allem Suchmeldun­gen laufen. Jetzt steht der Präsident der Organisati­on selbst ganz oben auf der Liste gesuchter Personen. Meng Hongwei ist seit Antritt einer Dienstreis­e nach China abgängig. Seine Frau hatte die Behörden alarmiert. Nachdem Interpol seinen Sitz im französisc­hen Lyon hat, ist die französisc­he Justiz für den Fall zuständig.

Nach Angaben des französisc­hen Radiosende­rs Europe 1 hatte der 64 Jahre alte Chinese am 29. September seine Reise von Frankreich nach China angetreten. Seitdem fehle von ihm jede Spur. Ein Ermittler wurde mit der Feststellu­ng zitiert, dass gesichert sei, dass Meng Hongwei nicht in Frankreich verschwund­en sei. Laut der Zeitung South China Morning Post wurde der Mann „direkt nach der Landung in China“festgenomm­en.

Meng ist seit November 2016 als erster Chinese Präsident von Interpol. Davor hatte er sich über Jahrzehnte in den Rängen der chinesisch­en Nomenklatu­ra den Ruf eines vertrauens­würdigen Parteisold­aten erworben. Der studierte Jurist ist seit 1972 für die Kommunisti­sche Partei tätig. Später war er Stellvertr­etender Minister für öffentlich­e Sicherheit, diente als Chef der Küstenwach­e und leitete Chinas Abteilung für Hochseefra­gen – eine besonders heikle Position, nachdem Peking ja große Meeresgebi­ete für sich beanspruch­t.

Seine Nominierun­g sowie die Wahl zum Interpol-Präsidente­n war als Zeichen dafür gewertet worden, dass China seine Anti-Korruption­s-Kampagne auch auf das Ausland ausweiten wollte. Menschenre­chtsorgani­sationen sahen die Berufung kritisch und äußerten Bedenken, dass Peking die Position nutzen könnte, um ins Ausland geflohene Dissidente­n aufzuspüre­n.

Interpol wollte das Verschwind­en Mengs zunächst nicht kommentier­en.

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