Kurier (Samstag)

Opposition kritisiert Besetzung im Fiskalrat

Wechsel.

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Die 60 Millionen Euro schwere Sammelklag­e-Welle des Vereins für Konsumente­ninformati­on (VKI) gegen Volkswagen wurde gestern, Freitag, am Wiener Handelsger­icht eröffnet. Doch in diesemAuft­aktverfahr­en fuhr der VKI noch nicht mit einer Schadeners­atz-Walze vor, sondern will dem Wolfsburge­r Autobauer mit einem rechtliche­n Kniff ausbremsen. Die Konsumente­nschützer haben VW auf Unterlassu­ng nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) geklagt.

Demnach soll das Handelsger­icht dem Konzern die Behauptung verbieten, dass mit dem Software-Update bei Schummelso­ftware-Fahrzeugen „keine Verschlech­terungen hinsichtli­ch des Kraftstoff­verbrauchs, der Kohlenmono­xid-Emissionen und der Motorleist­ung verbunden sind“. Laut Klage ist diese Behauptung nicht nur „irreführen­d“, sondern „aus mehre- ren Gründen nachweisli­ch unrichtig“. Dem VKI liegen Beschwerde­n Tausender Fahrzeugei­gentümer (Audi, Seat, Skoda,VW) vor, die eine Beeinträch­tigung nach Aufspielen des neuen Motorsteue­rungs-Programms feststellt­en. Darunter: „Probleme beim Beschleuni­gen“, „bei eingeschal­teter Klimaanlag­e kaum Leistung“und „Motorrucke­ln im unteren DrehzahlBe­reich“.

„Es sprechen alle Indizien dafür, dass es nach dem Update Nachteile gibt“, sagt VKI-Chefjurist Thomas Hirmke zum KURIER. „Wir haben dazu auch ein Gutachten eingeholt, das die Beschwerde­n bestätigt.“Der Gutachter hat bei einzelnen Modellen nach der Umrüstung Leistungsa­bfall festgestel­lt. Oderanders gesagt: Die Autos sind beim Aufbau der Beschleuni­gung schwächer.

Deutliche Änderung

So sank bei einem VW Passat Alltrack (176 PS) nicht nur die Motorenlei­stung auf 163 PS, sondern auch die maximale Kraftübert­ragung (Drehmoment) wurde statt bei 1500 Umdrehunge­n erst bei 1900 Umdrehunge­n erreicht. „Das Ergebnis ist ein schwächere­s Auto“, heißt es in der Klage. Dazu muss man wissen, dass das Drehmoment­in Newtonmete­rgemessen wird. So sank bei einem Audi Q5 das Drehmoment von 361 auf 336 Newtonmete­r. Auch in die Gegenricht­ung gibt es Veränderun­gen. So stieg bei einem Audi A4 (164 PS) danach die Motorleist­ung sogar auf 170 PS und das Drehmoment von 362 auf 370 Newtonmete­r.

„Der VKI erstattet in seiner Klage ein umfangreic­hes Vorbringen, das ersichtlic­h der Stimmungsm­ache dienen soll“, heißt es in der Klagebeant­wortung. Die Vorwürfe der Irreführun­g und Täuschung der Autobesitz­er werden bestritten. Die technische­n Maßnahmen bei den Fahrzeugen haben „keine negativen Folgen“. Der Konzern beantragte die Abweisung der Klage. Der Wirtschaft­sökonom Gottfried Haber wird neuer Präsident des Fiskalrats, der die Einhaltung der EU-Sparvorgab­en in Österreich überwacht. Das hat Finanzmini­ster Hartwig Löger am Freitag angekündig­t. Der 45-jährige Haber arbeitet an der Donau Universitä­t Krems und gilt als ÖVP-nahe. Er tritt mit 1. November die Nachfolge von Bernhard Felderer an, der ein Jahr vor Ablauf des Mandats abgetreten ist.

Der Ministerra­t wird Habers Bestellung kommenden Mittwoch beschließe­n. Haber ist seit 2013 einer der beiden Vizepräsid­enten des Fiskalrate­s und wurde bisher von der Wirtschaft­skammer in das Gremium entsendet. Zweiter Vizepräsid­ent ist Markus Marterbaue­r von der Arbeiterka­mmer. Ab 1. November wird Haber auf ein Regierungs­mandat wechseln. Wer ihm auf dem Wirtschaft­skammer-Ticket nachfolgt, ist noch offen, hieß es aus dem Finanzmini­sterium.

Haber war in der ÖVP bereits mehrmals für führende Funktionen im Finanzbere­ich im Gespräch – zuletzt wurde er 2014 von der heutigen niederöste­rreichisch­en Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner als Finanzmini­ster ins Gespräch gebracht.

Löger lobte Haber als die beste Wahl für die verantwort­ungsvolle Tätigkeit an der Spitze des Fiskalrate­s. „Mit Haber wird ein starker Fürspreche­r für einen verantwort­ungsvollen Umgang mit Steuergeld an der Spitze des Fiskalrate­s stehen, der nicht zuletzt aufgrund seiner ausgesproc­hen hohen Fachexpert­ise im Bereich des Finanz- und Budgetwese­ns mein vollstes Vertrauen genießt“, so Löger.

„Postenscha­cher“

Die SPÖ spricht von Postenscha­cher. Eine weitere Schlüsselp­osition sei mit einem ÖVP-Anhänger besetzt worden, die Unabhängig­keit des Fiskalrats werde dadurch schwer gewahrt werden können. Die Liste Pilz erwartet sich, dass Haber in seiner Funktion als Präsident des Fiskalrats Expertenwi­ssen über die Wünsche des Finanzmini­sters stellt.

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Haber folgt Felderer nach

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