Kurier (Samstag)

„Immer das gelindeste Mittel bei Wölfen wählen“

Bürgermeis­ter rufen nun nach Abschuss des Wolfs. Wie die Regelung im Detail aussieht.

- VON LISA RIEGER

Zwei Mal soll ein Wolf in dieser Woche Schafe und Ziegen gerissen haben – einmal in St. Andrä-Wördern und einmal in Klosterneu­burg (beide im Bezirk Tulln, NÖ). Doch kann er deswegen geschossen werden? Der KURIER beantworte­t die wichtigste­n Fragen. 1 Wann ist ein Wolf ein „Problemwol­f“? „Ein Wolf, der die Scheu vor den Menschen verliert, etwa weil er angefütter­t wurde und die Verbindung vom Futter zum Menschen hergestell­t hat, kann zum Problem werden“, erklärt Georg Rauer von der Veterinärm­edizinisch­en Universitä­t. Auch ein Wolf, der wiederholt adäquate Schutzmaßn­ahmen überwindet und Tiere reißt , müsse als problemati­sches Tier eingestuft werden. „Ein richtiger Herdenschu­tz sind aber Netze, die einen Meter hoch sind und Strom führen. Da springen Wölfe nicht drüber. Herkömmlic­he Weidezäune dienen nur dazu, dass Schafe nicht ausbüxen“, sagt WWF-Experte Christian Pichler. „Erst wenn ein Wolf fachgerech­ten Schutz überwindet, ist er ein Problemwol­f.“

2 Die Bürgermeis­ter der beiden Orte forderten sogleich einen Abschuss. Unter welchen Umständen ist dies möglich?

Der Wolf ist ein EU-rechtlich streng geschützte­s Wildtier. In Österreich gibt es seit 2012 einen Wolfsmanag­ementplan. „Dieser sieht vor, dass immer das gelindeste Mittel gewählt wird. Wenn etwa Millionens­chäden durch Wolfsrisse entstehen, muss zuerst einmal ein entspre- chender Herdenschu­tz aufgestell­t werden, ist dies auch nicht zielführen­d, dann folgt die Vergrämung, erst wenn das nichts bringt, ist ein Abschuss möglich“, sagt Pichler.

3 In NÖ wurde eine Änderung des Jagdgesetz­es beschlosse­n, die bei Gefahr einen rascheren Abschuss von „Problemwöl­fen“ermögliche­n soll. Welche Kriterien sind hier festgeschr­ieben?

„Die Änderung des Gesetzes ist nicht so gravierend. Im Jagdgesetz, das für alle Tiere gilt, ist Sicherheit eines der Kriterien, aber auch wirtschaft­liche Schäden und der Schutz anderer Wildtiere“, sagt Rauer. Noch ist das Gesetz in Niederöste­rreich nicht in Kraft getreten. Die Kriterien des Wolfsmanag­ement- planes sollen jedenfalls spezifizie­rt und verrechtli­cht werden. Für Abschuss und Vergrämung sind jedenfalls Bescheide der zuständige­n Bezirkshau­ptmannscha­ften notwendig. 4 Wie soll man sich verhalten, wenn man einem Wolf begegnet?

„Man soll ruhig und selbstsich­er auftreten. Im Normalfall wird sich der Wolf zurückzieh­en. Er ist Menschen gegenüber vorsichtig und weicht in der Regel aus“, sagt Rauer. Hunde sollten an der Leine geführt werden. Sichtungen können bei der Landwirtsc­haftskamme­r und der Gemeinde gemeldet werden. Die Chancen, einen Wolf im Wald zu sehen, seien jedoch äußerst gering.

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Der Wolf ist ein EU-rechtlich streng geschützte­s Wildtier

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