Kurier (Samstag)

Mitterlehn­er ist wieder da – und sagt jetzt frei, „was Sache ist“

Der frühere Vizekanzle­r stellt sich gegen Regierung – und denkt über ein „Enthüllung­sbuch“nach.

- VON RAFFAELA LINDORFER

Es ist seine erste Pressekonf­erenz seit dem 10. Mai 2017, als er seinen Rücktritt als Vizekanzle­r, Minister und ÖVP-Chef bekanntgab. Und da sitzt er nun, lächelt verschmitz­t in die Runde der Journalist­en, denn er weiß: Sie sind zu einem guten Teil seinetwege­n hier. An seiner Seite hält der Grüne Landesrat Rudi Anschober erneut ein Plädoyer für Asylwerber in Lehre (mehr dazu unten), dann werden hektisch die Mikros zu ihm gerückt. Showtime.

Sachlich und pointiert erklärt der Ex-Wirtschaft­sminister, warum er die Initiative „Ausbildung statt Abschiebun­g“unterstütz­t. Erstens, weil sich der Lehrlingsm­angel zuspitzt. Zweitens, weil seine Nachfolger­in Margarete Schramböck versproche­n hat, eine Lösung für Lehrlinge mit Negativ-Bescheid zu finden („Eine Zusage in der Politik muss entspreche­nde Konsequenz­en haben“). Drittens: „Ich glaube, wir haben eine demokratie­politische Verengung, eine Einschränk­ung der Meinungsfr­eiheit.“Er erinnert an die FPÖ-Reaktion, als Georg Kapsch, Präsident der Industriel­lenvereini­gung, sich kritisch zur Causa Kickl äußerte. Das gehe ihn „einen Schmarrn an“, konterte FPÖ-General Christian Hafenecker. „Ja hoppala, wo sind wir?“, empört sich Mitterlehn­er. Für ihn ist ein „breiter Diskurs“der Hauptgrund, warum er die Anschober-Initiative, die zehntausen­de Anhänger hat, befürworte­t.

Um „Parteipoli­tik“gehe es dem Ex-ÖVP-Chef nicht, betont er. Er nehme sich nur die Freiheit heraus, „zu sagen, was Sache ist“. Weil er will, weil er ( jetzt) kann – „als Privatpers­on“. Eine Privatpers­on, die sich am Freitag mit seinem Auftritt klar gegen die Regierung positionie­rt (am Papier unterstütz­t Mitterlehn­er die Initiative schon länger). Eine Privatpers­on, die im Juni zum Erstaunen vieler das Kanzlerfes­t seines Nachfolger­s Sebastian Kurz besucht hat. Dazwischen liegt die Ernennung von Harald Mahrer als Präsident der Nationalba­nk – ein Job, den Kurz ihm versproche­n hatte, wie Mitterlehn­er im August in der Presse erzählte.

Es dürfte nicht das letzte Mal gewesen sein, dass sich Mitterlehn­er als Stachel im Fleisch seiner Partei bemerkbar macht: Wie man hört, überlegt er, über die Geschehnis­se rund umseine Demontage und das Ende der rot-schwarzen Koalition ein Buch zu schreiben. Die Zeit ist freilich erst reif, wenn der Höhenf lug der türkis-blauen Regierung abgeflacht ist, heißt es.

Ein „Comeback“sei der Auftritt am Freitag nicht, sagt der Ex-Politiker, der immer noch ein passionier­ter Politisier­er ist. „Es hat Spaß gemacht, muss ich ehrlich sagen.“

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Erste Pressekonf­erenz seit Rücktritt am 10. Mai 2017: Mitterlehn­er meldet sich zurück – als „Privatpers­on“

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