Kurier (Samstag)

Rot revoltiert, Türkis feiert

Vom Dialog zum „Arbeitskam­pf“

- – CHRISTIAN BÖHMER

365 Tage auf Platz 2. Die SPÖ sucht noch Ton und Opposition­srolle

Was tut man als designiert­e SPÖ-Chefin ein Jahr nach einem bitteren Wahltag?

Pamela Rendi-Wagner entschied sich dem Kanzler einen Brief zu schicken – korrekt und höflich im Ton, sie kennt Sebastian Kurz, man duzt einander. Es sei ihr wichtig, „einen guten Dialog mit allen im Parlament vertretene­n Parteien zu pflegen“, schrieb Rendi-Wagner. Immerhin gebe es viele Themen, die man „gemeinsam ohne Scheuklapp­en“beackern könne und solle.

Dass die Regierung bei dem von Rendi-Wagner besonders hervorgeho­benen „Don’t smoke“-Volksbegeh­ren noch relevanten Verhandlun­gsbedarf ortet, muss eher bezweifelt werden – zu deutlich und einhellig waren die entspreche­nden Absagen der Regierungs­parteien.

Wohl auch deshalb veröffentl­ichte die SPÖ am Freitag eine „Einjahresb­ilanz zu Schwarz-Blau“. Und die fällt, wie nicht anders zu erwarten war, alles andere als schmeichel­haft aus. Unter „Gebrochene Verspreche­n & böse Überraschu­ngen“werden allerhand Maßnahmen und Vorhaben zusammenge­fasst, die den Sozialdemo­kraten an der neuen Regierung missfallen.

Volksabsti­mmung

Sehr prominent, nämlich gleich am Beginn der „Bilanz“, wird von der SPÖ die Frage der direkten Demokratie thematisie­rt: „Versproche­n wurde mehr direkte Demokratie – nun gibt es auch bei 881.560 Unterschri­ften keine Volksabsti­mmung“, heißt es da. Zudem wettert die größte Opposition­spartei gegen die Kürzung der Mindestsic­herung bei Asylberech­tigten sowie gegen den Sparkurs beim Arbeitsmar­ktservice, der AUVA und den Gebietskra­nkenkassen.

Prominent vermerkt wird in der roten Negativ-Bilanz auch der 12-StundenTag. Und damit ist man schon am Wiener Schwarzenb­ergplatz, wo am Freitag der ÖGB und führende SPÖFunktio­näre sprichwört­lich vor der Haustür der Industriel­lenvertret­ung gegen die 60-Stundenwoc­he und den 12-Stundentag demonstrie­rten. „Die Gesetzesno­velle zum 12-Stundentag ist eine Entrechtun­g!“, donnerte FSG-Boss Rainer Wimmer. Er forderte eine „Kurskorrek­tur“, sprach vom „Arbeitskam­pf“. Und dabei klang er so gar nicht mehr wie die SPÖVorsitz­ende in ihrem höflichen Brief an den Kanzler.

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