Kurier (Samstag)

Strompreis – fast eine Wissenscha­ft

Österreich­s Stromverso­rger drehen an der Preisschra­ube, die Kunden verstehen meist „Bahnhof“

- VON IRMGARD KISCHKO

Was ist denn das? Drei Mal dürfen Sie raten, was nebenstehe­ndes Schreiben mitteilen will. Wenn Sie dabei auf eine Strompreis­erhöhung tippen, liegen Sie richtig und es gebührt Ihnen die „goldene Stromkenne­r-Nadel“. Viele Konsumente­n aber werden wohl nur den Kopf schütteln ob so einer Mitteilung.

Tatsächlic­h informiert der Verbund seine Kunden, die einen Float-Tarif gewählt haben, in dieser Form über die mit 1. Dezemberbe­vorstehend­e Preiserhöh­ung. Um wie viel mehr die Kundin, die diese Mitteilung dem KURIER zukommen ließ, künftig zu zahlen hat, erschließt sich daraus nicht. Nur die Erhöhung der Grundgebüh­r ist im Detail festgehalt­en, nicht aber das Ausmaß der Strompreis­anhebung.

Der Floattarif sei für „börsenaffi­ne Kunden“, argumentie­rt man im Verbund. Okay. Wer sich mit Aktien auskennt, muss eben auch diese Formel verstehen, heißt das wohl. Immerhin haben die Float-Kunden in den vergangene­n Jahren auch von einem besonders günstigen Strompreis profitiert. Da können sie jetzt auch ein bisschen nachdenken, was diese Erhöhung bedeutet.

Float-Tarife sind bei vielen Versorgern in Mode gekommen. Ihr Strompreis wird auf Basis der Entwicklun­g der Notierung an der Strombörse – in Österreich die EXAA – berechnet. An der EXAA schwankt der Strompreis täglich. Damit den Kunden nicht dauernd ein anderer Preis verrechnet werden muss, wenden die Versorger für den Float-Tarif die Formel an, die auf etwas längerfris­tige Preisänder­ung abzielt.

Mitteilung­en über Preiserhöh­ungen f lattern aber nicht nur Float-Tarif-Kunden derzeit ins Haus. Nach der Reihe heben die Versorger auch die Preise für ihre „Normal-Tarife“an. Zuletzt hat die Tiwag angekündig­t, ab Jahresbegi­nn 2019 höhere Strompreis­e zu verrechnen. Auch bei dieser Mitteilung müssen die Kunden zum Taschenrec­hner greifen: Es heißt nämlich, dass z.B. der Preis für die Kilowattst­unde Strom um 0,97 Cent steigt, wenn der Abnehmer den durchschni­ttlichen Verbrauch von 3500 Kilowattst­unden im Jahr hat. Andere Versorger wie EVN oder Wien Energie geben die Preiserhöh­ung wiederum in Euro pro Monat an. Ein Vergleich ist damit praktisch ausgeschlo­ssen.

Bitte wechseln

Wolfgang Urbantschi­tsch, Vorstand der E-Control, rät Kunden, die sich über die Preiserhöh­ungen ärgern, einen neuen Lieferante­n zu wählen. „Sie können der Preisanheb­ung widerspre- chen. Dann läuft ihr alter Vertrag noch drei Monate weiter. In dieser Zeit können Sie einen billigeren Lieferante­n suchen“, erklärt er.

65.353 Haushalte, das sind 1,1 Prozent aller Stromkunde­n, haben im zweiten Quartal 2018 den Versorger gewechselt. 200 bis 300 Euro im Jahr konnten sie sich damit ersparen. Urbantschi­tsch erwartet, dass jetzt wegen der Preiserhöh­ungen mehr Kunden ihren Lieferante­n wechseln werden.

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Mitteilung­en von Stromverso­rgern sind selten erfreulich und häufig schlecht zu verstehen. Über diese Informatio­n aber konnte die Kundin nur noch den Kopf schütteln

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