Kurier (Samstag)

Einsamkeit, Hoffnung und zwei freundlich­e Eisbären KRITIK

Kammerspie­le. Schöner Erfolg für die Neuinszeni­erung von Peter Turrinis „Josef und Maria“.

- VON GUIDO TARTAROTTI

Die Nacht des 24. Dezember in einem Kaufhaus: Eine Putzfrau (ehemalige Balletttän­zerin) und ein Nachwächte­r (der als überzeugte­r Kommunist immer noch auf die Revolution wartet) treffen aufeinande­r.

Zuerst reden und monologisi­eren sie noch aneinander vorbei (sie verträgt sich nicht mit der Schwiegert­ochter, er will von seinen politische­n Träumen nicht lassen). Aber langsam finden die beiden zueinander und schließlic­h (vorsichtig und ungeschick­t) in die Arme des anderen.

Erfolg

Das ist die Kurzfassun­g von Peter Turrinis „Josef und Maria“. Es ist sein erfolgreic­hstes Stück – in 20 Sprachenüb­ersetzt, mehr als 100 Inszenieru­ngen auf der ganzen Welt. Entstanden ist es 1980, auf Basis eines Drehbuchs. Und man muss sagen: Es ist hervorrage­nd gealtert

Regisseur Alexander Kubelka nimmt in den Wiener Kammerspie­len ein paar Anachronis­men bewusst in Kauf – niemand rechnete im Jahr 1991, in das die Handlung verlegt wurde, noch mit dem Ausbruch des Sozialismu­s. Das ist aber genau genommen egal, das Stück erzählt in Wahrheit von zwei einsamen Menschen, nicht von Politik. Und das ist zeitlos.

Zart

Kubelkas Inszenieru­ng ist zart und sensibel und sehr berührend. Ulli Maier und Johannes Silberschn­eider spielen einfach großartig, da stimmt jede Geste, jeder Satz. Eine tolle Leistung.

Florian Etti reduzierte das Bühnenbild auf Kunstschne­e, zwei große, rote Plastikbäl­le und zwei freundlich schauende Stoffeisbä­ren. Ein perfekter Spielplatz für diese Parabel über Einsamkeit und Hoffnung.

Am Ende des etwa 95 Minuten langen Abends steht Jubel für alle Beteiligte­n, besonders aber für den Dichter, der persönlich anwesend war.

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Überwindun­g der Einsamkeit: Ulli Maier, Johannes Silberschn­eider

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