Kurier (Samstag)

Panne mit Merkel-Jet: Experte findet Ursache „merkwürdig“

- – DOMINIK SCHREIBER

Flugzeuge sind hochkomple­xe Maschinen. Jedes System ist doppelt abgesicher­t, man nennt das in der Fachsprach­e Redundanz. Fällt irgendetwa­s aus, dann ist immer Ersatz vorhanden. Deshalb stürzen auch wenige Jets tatsächlic­h ab, selbst wenn es in der Luft zu gröberen technische­n Problemen kommt.

Dass es ausgerechn­et bei der deutschen Staatsmasc­hine „Konrad Adenauer“anders sein soll, das findet Hellfried Aubauer „merkwürdig“. Er ist Flugkapitä­n, Unfallsach­verständig­er und f log einst Österreich­s Kanzler Bruno Kreisky durch die Welt. Wenn die offiziell genannte Version stimmt, dann deute viel auf einen möglichen Systemfehl­er des Airbus A340-300 hin, meint einer der führenden Luftfahrt-Experten des Landes.

Deutschlan­d. Notfallcod­e 7600

Fest steht, dass die Konrad Adenauer am Donnerstag­abend in Berlin abgehoben ist. Über dem niederländ­ischen Luftraum fiel eine Verteilerb­ox aus. Diese ist für die Notversorg­ung des Stroms zuständig – vom Funkverkeh­r bis zum Treibstoff­ablass. Mehrere Anzeigen fielen aus, ein redundante­s System gab es offenbar nicht mehr. Die Crew sendete den Notfallcod­e 7600 (Funkausfal­l).

Die Kanzlerin wurde aus Gesprächen mit Journalist­en geholt und über die Lage informiert. „Es ist nicht so, dass ein Flugzeug einfach umdrehen kann“, erklärt Aubauer. „Ein derartiger Fall ist eine beliebte Frage bei der Pilotenaus­bildung: Was machen Sie, wenn Sie nach Moskau fliegen und in Polen fällt der Funk aus?“Zunächst wird auf Sichtflug umgestellt und wenn es wie in diesem Fall wegen der Nacht nicht geht, muss dem Flugplan gefolgt werden. Offenbar griffen die Piloten zum eingebaute­n Satelliten­telefon und holten sich die Erlaubnis für die Umkehr.

„So ein Vorfall ist jedenfalls extrem gefährlich“, be- tont Aubauer. Nach rund einer Stunde setzte der Flieger mit Merkel jedenfalls auf dem Kölner Flughafen auf. Da kein Treibstoff abgelassen wurde, war das Gewicht so hoch, dass die Bremsen heiß liefen. Zunächst geäußerte Vermutunge­n über einen möglich Sabotageak­t wurden nach einigen Stunden dementiert. Die Pannenseri­e nimmt jedenfalls kein Ende, in den vergangene­n zwei Jahren sind bereits 16 Flüge der Flugbereit­schaft der Bundeswehr ausgefalle­n. Zuletzt hatten Ratten mehrere Kabel angebissen.

Merkel ließ jedenfalls einen Großteil ihrer Entourage (darunter ihren Ehemann) und die Journalist­en in Köln zurück. Mit einer kleinen Delegation flog sie nach Madrid und von dort mit Iberia nach Buenos Aires zum G20-Gipfel. Sehr bequem dürfte das für die Bundeskanz­lerin nicht gewesen sein, der Jet verfügt über keine Business-Class – es gibt nur Economy und Premium-Economy zur Auswahl. Die Treffen mit US-Präsidente­n Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping verpasste sie deshalb allerdings.

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Aubauer: „So ein Vorfall ist jedenfalls extrem gefährlich“

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