Kurier (Samstag)

Wettkampf der Zustelldie­nste

Wie kommen die Geschenke unter den Weihnachts­baum? Amazon nimmt die Lieferung selbst in die Hand, die Post will ab 2019 an den Lieferunge­n der Konkurrenz mitnaschen.

- VON STEFAN MEY

Je mehr Österreich­er online einkaufen, desto mehr Pakete werden transporti­ert. Das zeigt sich in den Daten der österreich­ischen Kommunikat­ionsbehörd­e RTR. „Im Inlandsver­sand werden wir heuer im vierten Quartal allem Anschein nach erstmals die Marke von 30 Millionen Paketen unter zehn Kilogramm überschrei­ten“, sagt Johannes Gungl, Geschäftsf­ührer der RTR. Der Weg zum neuen Rekordwert zeichnete sich ab: Im zweiten Quartal wurden 26 Millionen kleine Pakete verschickt, ein Plus von 9,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Aber nicht nur Post und Paketdiens­te buhlen um die Gunst der Kunden: Amazon nimmt das Thema selbst in die Hand. Die Dienstleis­ter versuchen, mit neuen Angeboten und Technologi­en zu punkten, kämpfen zugleich aber mit zahlreiche­n Problemen. Der KURIER hat die wichtigste­n Themen in der Branche erfragt.

1 Amazon startet als neuer Anbieter in Österreich

Anfang Oktober hat Amazon in Großebersd­orf sein erstes österreich­ischen Verteilzen­trum eröffnet. Es misst knapp 10.000 Quadratmet­er und hat laut Ralf Kleber, Geschäftsf­ührer von Amazon Deutschlan­d, „einige Millionen“gekostet. 150 Menschen sollen hier arbeiten.

Bei der Konkurrenz reagiert man gelassen auf Amazons Vorpresche­n und verweist auf das allgemein starke Wachstum im Paketmarkt. Von der Österreich­ischen Post heißt es etwa, dass Amazon trotz der Eigenzuste­llung weiterhin einer der größten Kunden bleiben wird und dass wegen des allgemein wachsenden Paketwachs­tums auch die Menge der von der Post transporti­erten Amazon-Pakete steigen wird. „Wir spüren die Präsenz von Amazon, wachsen aber dennoch“, sagt Kathrin Schrammel, Pressespre­cherin der Österreich­ischen Post.

Beim Paketdiens­t DPD erwartet man kaum Auswirkung­en, da die AmazonPake­tmenge dort nicht so groß ist wie bei der Konkurrenz. „Was aber spürbar sein wird, ist der Fahrermang­el, der sich durch einen weiteren Marktteiln­ehmer verstärken wird“, sagt Rainer Schwarz, Geschäftsf­ührer von DPD Austria. Axel Spörl, General Manager von GLS Österreich, erwartet einen härteren Konkurrenz­kampf, jedoch erst nächstes Jahr. „Jetzt zu Weihnachte­n hat zwar jeder viel zu tun, nach Weihnachte­n wird der Druck aber stärker.“

2 Österreich­ische Post will alle Angebote bündeln

Eine Neuerung bringt der Dienst „AllesPost“, der im Frühjahr 2019 starten soll: Mit diesem werden Pakete auf jeden Fall von der Österreich­ischen Post zugestellt, auch wenn man beim Onlinehänd­ler eine andere Versandart wählen musste. So kann man die Infrastruk­tur der Post, wie etwa die Empfangsbo­xen in Wohnhäuser­n, nutzen. Das Service wird bereits jetzt mit Pilotkunde­n getestet. Zu den Kosten macht die Post auf Anfrage noch keine Angaben, verweist aber auf die Möglichkei­t eines kostenlose­n, dreimonati­gen Probezeitr­aums. Die Konkurrent­en sehen noch einige ungelöste Probleme. „Für uns sind einige Fragen offen – vor allem, was Haftung und ein durchgängi­ges Track und Trace der Pakete anbelangt“, sagt Schwarz. Spörl verweist darauf, dass der Gesamt- preis der Zustellung eine Mischung aus den Kosten der Post und des Paketdiens­tes sein wird: „Wie hoch ist die Bereitscha­ft der Kunden, für eine Zustellung zwei Mal zu zahlen?“, fragt er. „Wir werden unsere Preise dafür nicht senken, und die Preise der Post kommen noch hinzu.“Zugleich verweisen die Paketdiens­te auf den Ausbau ihrer eigenen Angebote: DHL betont etwa, dass man flächendec­kend auch samstags zustellt. Zudem verweisen die Anbieter auf Live-Tracking und die Weiterleit­ung an alternativ­e Adressen oder Paketshops.

3 Drohnen bleiben weiterhin Zukunftsmu­sik

Vor genau fünf Jahren hat Amazon-Chef Jeff Bezos verkündet, dass „in vier bis fünf Jahren“Drohnen die Pakete in die Gärten der Kunden fliegen würden. Diese Prognose hat sich nicht bewahrheit­et. Allerdings hat Amazon das Thema noch nicht abgeschrie­ben: Neben Projekten in den USA, Frankreich, Israel und Großbritan­nien forscht Amazon auch in der Steiermark an der Technologi­e. Hier wird unter anderem am „Sense and avoid“- System gearbeitet, mit dem die Drohnen diversen Hinderniss­en ausweichen sollen. Neben technische­n gibt es auch regulatori­sche Herausford­erungen und Bedenken in Sachen Datenschut­z.

Die Post hat bei Tests mit Drohnen und autonomen Fahrzeugen festgestel­lt, dass die technische Umsetzung bereits gut funktionie­rt. Hier sieht man die Massen-Belieferun­g per Drohne in nächster Zeit aber nicht als realistisc­h: „Stellen Sie sich nur den Drohnenver­kehr vor bei 90.000 Paketen täglich alleine in Wien“, sagt Schrammel: In Nischenber­eichen wie dem Transport von Medikament­en könne dies aber künftig sinnvoll sein.

4 Hilfe bei Problemen mit der Zustellung

Trotz der ganzen Zukunftsmu­sik: Es bleiben die alten Probleme, dass Pakete nicht zugestellt werden oder beschädigt sind. Bis 30. September verzeichne­te die Schlichtun­gsstelle der RTR 139 Verfahren wegen Paketsendu­ngen. Die RTR vermittelt bei entspreche­nden Problemen. Details zum Ablauf des Verfahrens finden Sie unter https://bit.ly/2E86RTS.

 ??  ??
 ??  ?? Die Belieferun­g durch Paketdrohn­en lässt auf sich warten
Die Belieferun­g durch Paketdrohn­en lässt auf sich warten

Newspapers in German

Newspapers from Austria