GIS ermittelt gegen 100 ORF-Kunden
Streit um Mehrwertsteuer. ORF-Gebührenzahler fordern Geld zurück, Inkassobehörde GIS leitet Verfahren ein
Die ORF-Inkassotochter GIS, die Radio- und TV-Gebühren einhebt, muss sich auf ein arbeitsreiches Jahr einstellen. Rund 42.500 ORF-Gebührenzahler haben sich bisher einer Sammelklage-Aktion des Prozessfinanzierers AdvoFin angeschlossen. Sie wollen nicht die ORF-Gebühren zu Fall bringen, sondern nur die auf das Programmentgelt eingehobene zehnprozentige Mehrwertsteuer – und das fünf Jahre zurück. Das macht unterm Strich pro Kopf etwa 100 Euro. AdvoFin-Anwalt Wolfgang List ist der Ansicht, dass die ORF-Gebühren keiner Mehrwertsteuer unterliegen. Er untermauert seinen Standpunkt mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes und einem Rechtsgutachten.
Indes sind sich der ORF, die GIS und das Finanzministerium einig, dass die Mehrwertsteuer zu Recht eingehoben und abgeführt wird. Sie berufen sich auf zwei Gutach- ten von Rechtsprofessoren. Kurz vor Weihnachten haben die ersten hundert Rebellen, die eine Rückzahlung der bezahlten Mehrwertsteuer verlangen, von der GIS Post erhalten. In einem dreiseitigen Schreiben werden sie darüber informiert, dass die GIS gegen sie Ermittlungsverfahren nach dem Verwaltungsgesetz eingeleitet hat. Es gehe um „die Rechtssache: Vorschreibung der Rundfunkgebühren samt damit verbundener Abgaben und Entgelte für Rundfunkteilnehmer“.
TV-Marke und Farbe
Sie werden aufgefordert, die Produktbezeichnung, sprich Marke, Modelltyp und Farbe ihrer Rundfunkempfangsanlage, bekannt zu geben, „welche Programme Sie empfangen und wie Sie die Programme empfangen können“– über SAT-Schüssel, Kabelanschluss oder das Internet. Auch sollen sie ihren Kabelnetzbetreiber angeben.
„Das grenzt an einen Schildbürgerstreich“, sagt Anwalt List zum KURIER. „Es steht außer Streit, dass meine Mandanten die Gebühren seit Jahren zahlen, weil sie ihre Fernsehgeräte angemeldet haben. Sie wollen nur die Mehrwertsteuer zurück.“Nachsatz: „Marke oder Farbe eines TV-Geräte sind völlig irrelevant für die Entrichtung der Umsatzsteuer auf das Programmentgelt.“Der einzige Sinn der GIS-Aktion, meint List, sei, Zeit zu gewinnen. Die GIS hat nämlich sechs Monate Zeit, einen entsprechenden Bescheid zu erlassen. Erst dann können die Rebellen ihr Anliegen vor das Bundesverwaltungsgericht bringen.
Bei der GIS sieht man das anders. „Wir sind verpflichtet, in alle Richtungen zu erheben, und gehen davon aus, dass auch die Gerätekonstellation relevant ist“, sagt GIS-Chef Harald Kräuter zum KURIER. Weitere Auskünfte zu den Verfahren möchte er keine geben.