Bund gegen Wien: Wer bringt nun wessen Gesetz zu Fall?
Verfassungsgerichtshof. Die Nerven liegen blank, schon seit Wochen und Monaten. Jetzt, da die neue Mindestsicherung so gut wie beschlossene Sache ist, wird das Kräftemessen zwischen der türkisblauen Bundesregierung und dem rot-grünen Wien wohl vor Gericht ausgetragen.
Das Armenwesen ist Ländersache, aber der Bund gibt den Rahmen vor. Und in der Verfassung steht, dass sich die Länder daran zu halten haben.
Wenn das neue Gesetz zur Mindestsicherung in Kraft tritt, wird ihnen eine Frist gesetzt, um die neuen Regeln in ein Landesgesetz zu gießen.
Tut Wien das nicht, geht die Zuständigkeit automatisch an den Bund über.
Variante zwei: Schafft Wien ein Landesgesetz, das die Vorgaben des Bundes nicht berücksichtigt, kann die Regierung beim Verfassungsgerichtshof klagen. Formal heißt das: einen Gesetzesaufhebungsantrag stellen.
Die Höchstrichter prüfen nicht nur, ob die Ausführung stimmt, sie prüfen auch die Vorgaben selbst. Und da sieht Verfassungsexperte BerndChristian Funk durchaus Reibungsfläche: „Es gibt eine Reihe von ernstzunehmenden Gründen, an der Verfassungsmäßigkeit der geplanten Regelungen des Bundes zu zweifeln.“
Den Spieß umdrehen
So könnten die Staffelung der Kinderbeiträge ( ab dem zweiten Kind gibt es weniger) oder die Voraussetzung, Deutsch zu können, um die volle Sozialhilfe zu erhalten, diskriminierend sein, sagt Funk.
Übrigens könnte auch Wien – oder jedes andere Land – die Aufhebung des Rahmengesetzes beantragen, und damit den Spieß umdrehen. Aus der Stadtregierung heißt es, man habe bereits 17 Punkte ausgemacht, die verfassungsbzw. EU-rechtswidrig sein könnten. Ob geklagt wird, lässt man noch offen.