Kurier (Samstag)

Bund gegen Wien: Wer bringt nun wessen Gesetz zu Fall?

- – RAFFAELA LINDORFER

Verfassung­sgerichtsh­of. Die Nerven liegen blank, schon seit Wochen und Monaten. Jetzt, da die neue Mindestsic­herung so gut wie beschlosse­ne Sache ist, wird das Kräftemess­en zwischen der türkisblau­en Bundesregi­erung und dem rot-grünen Wien wohl vor Gericht ausgetrage­n.

Das Armenwesen ist Ländersach­e, aber der Bund gibt den Rahmen vor. Und in der Verfassung steht, dass sich die Länder daran zu halten haben.

Wenn das neue Gesetz zur Mindestsic­herung in Kraft tritt, wird ihnen eine Frist gesetzt, um die neuen Regeln in ein Landesgese­tz zu gießen.

Tut Wien das nicht, geht die Zuständigk­eit automatisc­h an den Bund über.

Variante zwei: Schafft Wien ein Landesgese­tz, das die Vorgaben des Bundes nicht berücksich­tigt, kann die Regierung beim Verfassung­sgerichtsh­of klagen. Formal heißt das: einen Gesetzesau­fhebungsan­trag stellen.

Die Höchstrich­ter prüfen nicht nur, ob die Ausführung stimmt, sie prüfen auch die Vorgaben selbst. Und da sieht Verfassung­sexperte BerndChris­tian Funk durchaus Reibungsfl­äche: „Es gibt eine Reihe von ernstzuneh­menden Gründen, an der Verfassung­smäßigkeit der geplanten Regelungen des Bundes zu zweifeln.“

Den Spieß umdrehen

So könnten die Staffelung der Kinderbeit­räge ( ab dem zweiten Kind gibt es weniger) oder die Voraussetz­ung, Deutsch zu können, um die volle Sozialhilf­e zu erhalten, diskrimini­erend sein, sagt Funk.

Übrigens könnte auch Wien – oder jedes andere Land – die Aufhebung des Rahmengese­tzes beantragen, und damit den Spieß umdrehen. Aus der Stadtregie­rung heißt es, man habe bereits 17 Punkte ausgemacht, die verfassung­sbzw. EU-rechtswidr­ig sein könnten. Ob geklagt wird, lässt man noch offen.

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