Fünf Wahlen und die K-Frage
Ausblick. Deutschland steht vor einem Superwahljahr, das die politische Landschaft stark verändern könnte
Das Jahr endete und begann mit einer Debatte: Wer kann Kanzler? Seit Angela Merkels angekündigtem Teilrückzug schwebt die Diskussion über allem. Das mag verfrüht erscheinen, aber ein Blick in den Kalender zeigt, warum sich die Frage schneller stellen könnte als erwartet: 2019 wird ein turbulentes Wahljahr, das die mühsam zustande gebrachte Koalition ins Wanken bringen könnte.
Neben den Europawahlen stehen auch welche im Stadtstaat Bremen an sowie in drei neuen Bundesländern: in Sachsen, Brandenburg und Thüringen, wo die Rechtspopulisten der AfD die CDU und SPD als Volksparteien ablösen wollen ( siehe ganz rechts). Selbst die internen Machtkämpfe und die neue Partei des Ex-AfD-Politikers und Rechtsaußen André Poggenburg werden ihren Aufstieg nicht so schnell bremsen. Für die Koalition mag der mögliche Stimmenverlust nichts Gutes verheißen, die Konflikte zwischen CDU und SPD könnten sich weiter verschärfen, ebenso in den Parteien selbst.
Lackmustest für AKK
Für Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) werden die Wahlen zum Lackmustest. Mit ihr an der Spitze hat die CDU zwar personell eine Neuaufstellung vollzogen, an der inhaltlichen muss sie noch feilen. Laut Welt will die Parteichefin ihren Konkurrenten Friedrich Merz in eine Kommission zur sozialen Marktwirtschaft holen. Auch an der Erstellung des neuen Grundsatzprogrammes werde er mitwirken. Nicht auszuschließen, dass er im Wahlkampf durch ostdeutsche Marktplätze tingelt, um der AfD Wähler abzujagen. Die Last trägt aber die Neue. Sollte die CDU hinter die Rechten zurückfallen, der CDU-Ministerpräsident in Sachsen fallen, wird es hart. Merz-Anhänger würden ihr dies – mit Blick auf die Kanzlerkandidatur – anlasten.
Die Kanzlerfrage beschäftigt derzeit auch die SPD. Finanzminister Olaf Scholz offenbarte zum Jahreswechsel via Bild-Zeitung seine Ambitionen auf das Kanzleramt – zum Ärger vieler Genossen. Sie fürchten das Gerede über Köpfe würde wieder Inhalte überlagern. „Wir sollten öffentlich mehr über Politik reden und weniger über uns“, forderte SPD-Chefin Andrea Nahles bei der Parteiklausur.
Für die SPD geht es 2019 um alles. Weitere Verluste im zweistelligen Bereich würden heftige Debatten nach sich ziehen: Über das Führungsduo Nahles/Scholz und die Rolle in der Koalition. Schon jetzt steht fest: Spätestens im Herbst 2019 wird die SPD Bilanz ziehen. Noch unter Martin Schulz hat sie im Koalitionsvertrag eine Sollbruchstelle eingeschraubt. Der angekündigte kritische Blick auf Erreichtes wäre eine Rechtfertigung, die Koali- tion zu verlassen. Ob die SPD von der Oppositionsbank aus leichter aus der Krise findet, ist aber fraglich.
Dort könnte sie allenfalls zusehen, wie die CDU vielleicht mit FDP und Grünen einen Neuanfang wagt. Liberalen-Chef Christian Lindner signalisierte schon Koalitionsbereitschaft. Schwierig wird es für die Grünen, sie wären der kleinere Partner, der zuletzt aber als Gewinner aus den Landtagswahlen hervorging. Union und FDP müssten viel aufbieten, um sie zu überzeugen. Mitentscheiden wird , ob ihr Höhenflug im Osten anhält. Dort sind die Grünen traditionell schwach.
Und da wäre noch die KFrage. Merkel kündigte an, bis 2021 regieren zu wollen. Jamaika-Koalition oder Neuwahlen mit ihr an der Spitze sehen aber die Wenigsten. Gut möglich, dass sie ihrer Nachfolgerin schon früher den Weg ebnet.