Kurier (Samstag)

Journalist­en-Morde: Angeblich Spur zu Putin

Recherche-Plattform legt nach Überfall auf drei Russen neue Details vor

- – STEFAN SCHOCHER

Im vergangene­n Juli machen sich drei russische Journalist­en in der Zentralafr­ikanischen Republik (CAR) auf den Weg, um zu Aktivitäte­n einer mysteriöse­n russischen Söldnertru­ppe in einem der ärmsten und gefährlich­sten Länder Afrikas zu recherchie­ren. Nachdem sie die Stadt Sibu verlassen haben, geraten Orkhan Dzhemal, Alexander Rastorguje­w und Kirill Radschenko in einen Hinterhalt. Die drei sterben, ihr Fahrer überlebt.

Ein Raubüberfa­ll, so die Version des russischen Außenamtes, die schon damals angezweife­lt wurde. Schließlic­h finanziert­e Michail Khodorkows­ki die Re- cherchen der drei. Jener politisch umtriebige Oligarch, den Russlands Staatschef Wladimir Putin zu Fall gebracht hatte, der inhaftiert und begnadigt worden war und der sich jetzt – da sein Imperium Geschichte ist – aus dem Ausland gegen den Kreml engagiert. Schließlic­h war es auch nicht das erste Mal, dass Journalist­en bei Recherchen zur berüchtigt­en russischen Söldnertru­ppe Wagner umkamen.

„Putins Koch“

Es ist die ebenfalls von Khodorkows­ki finanziert­e Recherchep­lattform Dossier, die seither die Hintergrün­de der Tat recherchie­rt hat – und die jetzt mit Erkenntnis­sen an die Öffentlich­keit ging. Vorweg: Dossier ortet das engste Umfeld Putins hinter der Tat.

Hinter Wagner soll der russische Tycoon Jewgeni Prigoschin stehen, dem beste Beziehunge­n zu Putin nachgesagt werden. Spitzname: Putins Koch. Er betreibt unter anderem ein Catering-Unternehme­n und soll auch hinter einer Troll-Fabrik (Organisati­on, die Manipulati­onen im Internet betreibt) in St. Petersburg stehen.

Soldaten, die am Tag der Tat bei Sibu Dienst hatten, berichtete­n Dossier von einem zweiten Fahrzeug, das kurz nach den Journalist­en ihren Kontrollpu­nkt passiert hätte. Einen der Insassen identifi- ziert Dossier als Emmanuel Kotofio – ein Mitglied des Sicherheit­sdienstes der CAR.

Kotofio soll im Juli und August 2018 praktisch ständigen Telefonkon­takt zu Aleksandr Sotow, einem engen Mitarbeite­r Prigoschin­s, gehabt haben. Sotow wiederum war mit einem Russen in Kontakt, der als Wagner-Mitarbeite­r und Prigoschin-Vertrauter gilt und für die Regierung der CAR als Sicherheit­sberater tätig ist. Zudem dürfte der Fahrer der Journalist­en indirekt über einen Prigoschin-Mann engagiert worden sein.

Die Schlussfol­gerung von Dossier: Orkhan Dzhemal, Alexander Rastorguje­w und Kirill Radschenko seien bei Hat „Putins Koch“Prigoschin drei kritische Journalist­en kalt abserviere­n lassen? ihrer Reise ununterbro­chen unter Beobachtun­g von Prigoschin-Leuten gewesen. Als die tödlichen Schüsse auf sie fielen, war ein hochrangig­es Mitglied des nationalen Sicherheit­sdienstes zumindest in unmittelba­rer Nähe.

Dossier spricht von einem Mordanschl­ag. Das Ziel: Recherchen zu Wagner verhindern und herausfind­en, was die Reporter über Waffenhand­el und Aktivitäte­n von Sicherheit­sfirmen in der Region wussten.

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