Mordversuch und Erpressung unter Schülern
Beide Betroffene als Opfer und Täter
Unschuldslämmer sind die Burschen keine: Der eine ist mit gerade einmal 15 Jahren wegen Raubes verurteilt. Der andere (16 Jahre alt) kam, nachdem er einen Mitschüler bedroht hatte, mit einer Diversion davon. Freitag sitzen beide wieder vor Gericht in Korneuburg. Beide als Opfer. Beide als Täter. Der 16-jährige Kroate hatte im Mai 2018 auf den 15-jährigen Ägypter eingestochen. Der überlebte knapp. Der 15-Jährige wiederum hatte den 16-Jährigen zuvor mehrfach erpresst.
Suspendiert
Was die Burschen gemeinsam haben: Sie besuchten die Polytechnische Schule in der Schopenhauer-Straße in Wien-Währing. Befreundet waren sie nicht, aber sie besuchten dieselbe Klasse.
Am 11. April des Vorjahres wurde der 15-Jährige von der Schule suspendiert. Zuvor hatte er mit einem Lehrer gerangelt, nachdem ihm dieser das Handy abnehmen wollte. Die ältere Schwester kam in die Schule, wollte die Wogen glätten. Dem 16-Jährigen stach sie sofort ins Auge. „Sie ist hübsch“, will er gesagt haben. In Wirklichkeit dürfte die Wortwahl deftiger gewesen sein. Oder wie Richter Rainer Klebermaß sagt: „Eine unfeine, aber nicht unübliche Ausdrucksweise unter Pubertierenden.“
Das kam dem jungen Ägypter zu Ohren, er forderte den Mitschüler zur Aussprache auf. Bei dieser bekam der Kroate Schläge und er musste sich selbst mit üblen Schimpfworten bezeichnen – was mit Handy aufgezeichnet wurde. Dann sollte er zahlen. Zwei Mal 200 Euro.
„Ich habe ihm angeboten, ob er mir das Geld geben will“, sagt der 15-Jährige. Von Wollen war allerdings keine Rede. „Ich hatte Angst“, schildert der 16-Jährige. Als sein Kontrahent nicht aufhörte und plötzlich 1700 Euro (in Raten) verlangte, packte er ein Küchenmesser ein. „Wenn ich nicht zahle, wollte er mit Freunden kommen und mich abstechen.“Die Burschen trafen einander vor der Schule. Dann zückte der Erpresste das Messer mit 20 Zentimeter langer Klinge und rammte es dem Klassenkameraden in den Bauch.
Der 16-Jährige wurde wegen versuchten Mordes zu drei Jahren Haft verurteilt. Das Opfer bekam wegen schwerer Erpressung 18 Monate, fünf davon unbedingt. Beide Urteile sind nicht rechtskräftig.