Der Mensch ist kein Egoist
Anderen in Notsituationen beizustehen, bringt auch Vorteile für den Helfer
Manchmal begeben sich Helfer selbst in Gefahr, nur um andere zu retten. Verrückt? „Nein“, sagt Anthropologin Elisabeth Oberzaucher: „Wir Menschen sind biologisch so gepolt, dass wir einander helfen. Würden wir nur auf unseren eignen Vorteil schielen, wäre die Spezies Mensch gar nicht so erfolgreich.“
Denn wenn ich jemandem helfe, so ist die Chance hoch, dass mir jemand hilft, wenn ich in Not bin. Die Wahrscheinlichkeit dafür lässt sich sogar berechnen, wie Anthropologin Katrin Schäfer weiß: „Der Altruismus – das Gegenteil von Egoismus – konnte in der Evolution besonders dort entstehen, wo die Chance groß war, dass ich denjenigen wiedertreffe, dem ich zur Seite gestanden bin.“Wohl ein Grund, warum in alpinen Regionen mit ihren kleinen Dörfern die Hilfsbereitschaft größer ist als in Städten.
Evolutionsbiologisch gibt es noch einen Grund, warum man hilft: „Uns geht es immer darum, unsere Gene weiterzugeben“, weiß Schäfer. Und da es gerade in den Bergen viele Gegenden gibt, in denen die Bewohner näher miteinander verwandt sind, ist es dort auch „klüger“, Risiken für andere einzugehen. Auch so sorgt man dafür, dass ein Teil von sich weiterlebt.
Wie das Murmeltier
Ein Verhalten, das es übrigens nicht nur bei den Menschen gibt, wie Oberzaucher weiß: „Man kennt das von den Murmeltieren, die pfeifen, wenn Gefahr droht. Mit ihrem Verhalten gehen sie ein Risiko ein, weil sie etwa einen angreifenden Adler auf sich aufmerksam machen.“Bei Menschen und Tieren passiert aber auch das: „Manchmal schießt die Hilfsbereitschaft übers Ziel hinaus und man schädigt sich selbst.“Das habe auch damit zu tun, dass in Situationen, in denen man andere aus Notlagen befreit, Endorphine (Glückshormone) ausgeschüttet werden, und man sich so für sein Verhalten belohnt.
Belohnt wird man für sein Engagement zudem durch die Anerkennung von anderen: „Tue Gutes und sprich darüber“sei das Motto, meint Oberzaucher. All diejenigen, die derzeit Tag und Nacht im Einsatz sind, machen sich über solche wissenschaftlichen Erkenntnisse natürlich keine Gedanken. Sie denken eher daran, wo sie am nächsten Tag zur Stelle sein müssen.