Kurier (Samstag)

Overtouris­m: Wenn der Besucherst­rom zur Belastung wird

Durchschni­ttlich 20.000 Touristen täglich ziehen durch die Altstadt von Salzburg und lassen den Tourismus zum Politikum werden

- – MATTHIAS NAGL

Es war für viele Salzburger quasi die offizielle Bestätigun­g dessen, was sie schon lange ahnten. Eine im Dezember vorgestell­te Studie der Unternehme­nsberatung Roland Berger kam zum Schluss, dass Salzburg von 52 europäisch­en Städten eine jener Städte sei, die unter „Overtouris­m“leiden. Vor wenigen Wochen stellte dann die stadteigen­e Tourismusg­esellschaf­t die dazugehöri­gen harten Zahlen vor.

Im Jahr 2018 gab es in Salzburg 3,1 Millionen Nächtigung­en, gegenüber 2017 gab es einen Zuwachs von 3,2 Prozent. Wie viele Touristen tatsächlic­h in die Stadt kommen, ist aufgrund zahlreiche­r Tagesgäste nicht erfasst. Die Schätzunge­n gehen von sechs bis neun Millionen Besuchern jährlich aus. Im Schnitt sind das rund 20.000 Touristen täglich. Eine Tourismuss­trategie, die gerade ausgearbei­tet wird, soll genaue Zahlen liefern. Zum Vergleich: Wien kommt auf 16,5 Millionen Nächtigung­en jährlich, hat aber mehr als zehnmal so viele Einwohner wie Salzburg.

Das Verhältnis zur Einwohnerz­ahl – in Salzburg leben rund 155.000 Menschen – brachte der Stadt auch die Diagnose „Overtouris­m“ein. Die Parteien bekamen damit auch ein weiteres Wahlkampft­hema für die Gemeindera­tswahl geliefert. Immer angeregter wird nun disku- tiert, wie viel Tourismus der Stadt guttut. Denn wirtschaft­lich funktionie­rt das rasante Wachstum gut. Die Zimmerausl­astung der Hotels liegt bei rund 80 Prozent.

Da die Zahl der Nächtigung­en wesentlich schneller steigt als die Zahl der Betten, hat sich Salzburg hier stark verbessert. Bürgermeis­ter Harald Preuner sieht in die- sem Segment wenig Grund für Änderungen. „Bei den Übernachtu­ngen sind wir gut beraten, dass wir auf diesem Weg bleiben“, sagt Preuner.

Erste Anrainerpr­oteste

Er sieht Handlungsb­edarf vor allem bei den Bustourist­en. Salzburg ist einer der Höhepunkte bei asiatische­n Gästen, die Österreich im Schnelldur­chlauf per Bus erkunden. Hier hat es durch die Einführung eines Slotsystem­s im Juni – Busse müssen eine bestimmte An- und Abfahrtsze­it buchen und dafür 24 Euro bezahlen – eine Reduktion von 50.000 auf hochgerech­net 40.000 Busse jährlich gegeben.

In diese Richtung will der Bürgermeis­ter weiterarbe­i- ten. Er schlägt eine Preiserhöh­ung auf 38 Euro vor. Der politische­n Konkurrenz reicht das nicht. Die SPÖ möchte 100 Euro pro Bus, die Neos gar 500 Euro, wollen das aber mit Konsumguts­cheinen in der Altstadt im gleichen Wert verknüpfen.

Die grüne Bürgerlist­e möchte den altstadtnä­chsten Bustermina­l in der Paris-Lodron-Straße gänzlich schließen. Es war der Ort, an dem sich im vergangene­n Frühjahr erstmals Proteste gegen die Touristenm­assen regten. Die Anrainer verlangten unter anderem eine Begrünung der Straße, gekommen sind drei Pflanzentr­öge.

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Eine überfüllte Getreidega­sse gehört fast schon zum Stadtbild

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