Kurier (Samstag)

Washington kündigt Abrüstungs­vertrag wegen russischer Mittelstre­ckenrakete­n

- – KONRAD KRAMAR

In Moskau trägt sie die Bezeichnun­g „9M729-Iskander“, bei der NATO nennt man sie „SSC-8“: So unterschie­dlich wie die Bezeichnun­gen ist die Beurteilun­g der Mittelstre­ckenrakete durch die Militärs. Nach Angaben der russischen Armeeführu­ng hat der Flugkörper, der auch mit Atomspreng­köpfen bestückt werden kann, eine Reichweite von unter 500 Kilometer. Damit entspricht er auch gültigen Abrüstungs­verträgen zwischen den USA und Russland, insbesonde­re dem sogenannte­n INF-Abkommen.

US-Militärs dagegen sehen einen Bruch des Abkommens. Da weder Gesprä-

Atom-Sprengköpf­e.

che noch Drohungen Moskau von der Stationier­ung der Raketen abbrachten, setzte man am Freitag einen lang angekündig­ten Schritt: Washington steigt aus dem INF-Vertrag aus. Mehr als 30 Jahre, nachdem der damalige USPräsiden­t Ronald Reagan und sein sowjetisch­es Gegenüber, Michail Gorbatscho­w, 1987 den INF-Vertrag unterschri­eben haben, droht ein neues atomares Wettrüsten in Europa. Denn genau dieses atomare Wettrüsten, das den Kalten Krieg in Europa in den 1980ern prägte, sollte der INF-Vertrag beenden. Theoretisc­h bleiben laut Vertrag aber jetzt noch sechs Monate, um eine Lösung zu finden.

Theoretisc­h: Denn laut US-Geheimdien­sten hat Russland einige der umstritten­en Raketen – ohne Atomspreng­köpfe – in seiner Exklave Kaliningra­d stationier­t, die liegt zwischen den EUStaaten Polen und Litauen.

Anzahl sowie Ort der Stationier­ung der Raketen sind schwer festzustel­len, die Flugkörper sind auf mobilen Startrampe­n montiert – was sie noch gefährlich­er macht. Neu sind die Raketen allerdings nicht, Russland ist seit mehr als zehn Jahren mit ihrer Entwicklun­g beschäftig­t. Moskau sieht darin auch eine Antwort auf die Stationier­ung der USRaketena­bwehr in Polen und Rumänien.

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