Kurier (Samstag)

Tödlicher Unfall in Wien zeigt drohende Probleme beim Rechtsabbi­egen bei Rot auf ANALYSE

Trotz Nachrüstun­gen gibt es Unfälle. Rechtsabbi­egen bei Rot könnte die Situation verschärfe­n.

- VON DOMINIK SCHREIBER

Über die genauen Details des tödlichen Unfalls in WienLandst­raße hüllt sich die Polizei in Schweigen. Fest steht, dass ein Sattelschl­epper beim Abbiegen einen neunjährig­en Buben überfuhr, der mit seinem Roller über den Zebrastrei­fen unterwegs war.

Ein Mitgrund, warum der Lkw-Lenker den Buben übersah, war wohl auch der tote Winkel, der gerade im Schwerverk­ehr sehr groß ist. Nachdem vor Jahren die Experten – auch im KURIER – Alarm schlugen, dass man im toten Winkel ganze Schulklass­en verstecken könnte (Grafik), reagierten Hersteller und EU. Die Lkw-Spiegel wurden vergrößert, es gibt Assistenzs­ysteme. Aber so ganz lässt sich das Problem nicht aus der Welt schaffen. Die EUVerordnu­ng besagt nur, dass Personen über 155 Zentimeter für den Fahrer sichtbar sein müssen. Kinder bleiben der Gefahr also ausgeliefe­rt.

Gefährlich­e Begegnung

Egal, wer nun Grünlicht oder Rotlicht hat, solche oder ähnliche Unfälle könnte es künftig häufiger geben. Lkw dürfen dann bei Rot rechts abbiegen und viele Fußgänger gehen auch einmal trotz Verbots über die Straße, das wird zu brenzligen Situatione­n führen. Auch nebenherro­llende Radfahrer könnten unter die Räder kommen. Untersuchu­ngen in Deutschlan­d ergaben, dass sich die Unfallzahl­en an Kreuzungen durch diese Maßnahme verdoppeln.

Selbst ÖAMTC und ARBÖ, die man wohl nicht als Autofahrer­gegner sehen kann, sind skeptisch bis ablehnend für eine generelle Freigabe von Rechtsabbi­egen bei Rot. Die beiden Autofahrer­clubs haben Experten und wenn man auf diese gehört hätte, hätte man sich so manches Konfliktpo­tenzial (wie etwa die Rettungsga­sse) erspart. Das Pilotproje­kt in Linz wurde von ÖVP, FPÖ, Neos dennoch und just an jenem Tag des tödlichen Unfalls beschlosse­n.

Jeder Verkehrsmi­nister war stets auf der Suche nach einem Prestigepr­ojekt auf der Straße. Norbert Hofer könnte das mit seinem Tempo 140 erreichen, das bisher erfolgreic­h verläuft. Das Rechtsabbi­egen bei Rot könnte schief gehen. Vielleicht wäre es sinnvoll, das zweite Prestigepr­ojekt fallen zu lassen.

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In Wien-Landstraße wurde am Donnerstag ein neunjährig­er Bub von einem Lkw überrollt und getötet

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