„Alles kann passieren“: Das Burgtheater verstärkt den Schrecken rechter Rhetorik
Natürlich predigte man zu den Bekehrten. Und doch war das Projekt „Alles kann passieren – ein Polittheater“, das am Donnerstag im Burgtheater zum zweiten Mal aufgeführt wurde, nicht so gestrickt, dass sich das Publikum in seiner moralischen Überlegenheit suhlen konnte: Der als Aufklärungsmaßnahme für die Gefahren des Rechtspopulismus angelegte Abend reüssierte gerade in dem Bemühen, die Dynamik der Empörung, die die politische Auseinandersetzung heute prägt, zu unterlaufen.
Die Filterblase, aus der sich ein Gutteil des Publikums rekrutierte, sollte ei-
Kritik.
gentlich Falter-Blase heißen: Der Chefredakteur der Wochenzeitung, Florian Klenk, hatte mit dem Schriftsteller Doron Rabinovici beschlossen, Aussagen rechter europäischer Regierungspolitiker zu verdichten und von Burgschauspielerinnen lesen zu lassen. Tatsächlich gibt es kaum einen besseren Verstärker als ein Theater, um die These zu untermauern, dass Worte, einmal ausgesprochen, zu Realitäten werden und die Wirklichkeit prägen.
Rabinovicis Montage erfüllt dabei den Zweck, den Gleichklang und die Resonanzen in den Zitaten von Viktor Orbán, Matteo Salvini, Jarosław Kaczyński, aber auch H.C. Strache und Herbert Kickl hervorzukehren (der „Recht folgt Politik“-Sager wurde aktuell eingefügt).
Gerade weil sich das Publikum eher nicht in der rechten Mediensphäre bewegt (die Veranstaltung wurde bei Falter-Abonnenten beworben und war rasch ausverkauft), kam es zu einer Konfrontation der Gedankengebäude, die im Medienalltag so sonst nicht gelingt. Die Frage, ob dieselbe Performance in einem Bierzelt kritische Reflexion oder inhaltlichen Beifall auslösen würde, muss aber offenbleiben.