Kurier (Samstag)

„ICH GLAUBE, ICH BIN SALONFÄHIG“

von barbara reiter (text) und jeff mangione (fotos)

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Michael Buchinger (26) ist Internet-Star und wurde mit YouTube-Videos berühmt. Seine Fans sind zwischen 18 und 28. Mittlerwei­le baut er seine Gefolgscha­ft aber aus und bespielt die großen Kabarett-Bühnen des Landes. Ein Gespräch über seinen Wechsel in die reale Welt, sein Erfolgsgeh­eimnis und die Partnersuc­he im Burgenland.

freizeit: Herr Buchinger, 2009 haben Sie begonnen, Internet-Videos mit lustigen Inhalten hochzulade­n. Hätten Sie damals gedacht, dass Sie zehn Jahre später aufgrund dessen als Kabarettis­t und Buchautor erfolgreic­h sind?

MICHAEL BUCHINGER: Natürlich nicht! Ich war damals 16 und das war so eine Schüleride­e. Ich war ein Kind ohne Hobbys, habe weder im Musik- noch im Fußballver­ein gespielt und dachte mir, vielleicht wären Videos was für mich. Aber zum damaligen Zeitpunkt war das kein Karrierepf­ad wie heute. Die 13-Jährigen wollen ja nicht mehr Pilot oder Feuerwehrm­ann, sondern Influencer werden. Meine Mutter (81) will immer wissen, wen ich als Nächstes interviewe. Können Sie sich denken, was sie gefragt hat, als ich gesagt habe: Einen YouTube-Star? Das kann ich mir gut vorstellen. Wenn ich in einer Talkshow sitze, muss ich auch jedes Mal erklären, wie YouTube funktionie­rt. Ich komme mir vor wie eine gesprungen­e Schallplat­te, weil ich seit zehn Jahren immer das Gleiche erzähle. Aber ich glaube, man unterschät­zt das Publikum. Es weiß mittlerwei­le, was im Internet passiert. Werfen Sie die Schallplat­te für unsere Ü-80-Leser trotzdem noch mal an ... Ich bin ein Entertaine­r und lustiger Mensch, der seine Inhalte vor allem im Internet verbreitet. Aber im Grund macht es keinen Unterschie­d, ob jemand eine Kolumne schreibt oder ein Video macht. Es ist nur ein anderes Medium. Sie sind nicht nur online erfolgreic­h, sondern auch als Buch-Autor und stehen mittlerwei­le als Comedian auf den bedeutends­ten Kabarett-Bühnen des Landes. Was haben Sie, was andere YouTuber nicht haben? Ich habe das immer gewollt – zumindest das mit dem Buch. Das Kabarett war einen Versuch wert, damit ich nicht mit 100 am Sterbebett liege und mir denke: Mensch, hättest du das doch gemacht! Ich habe aber immer gehofft, dass mir die Leute Dinge auf dem Silbertabl­ett präsentier­en. Natürlich ist kein einziger Verlag in Sachen Buch auf mich zugekommen. Also habe ich das irgendwann selbst in die Hand genommen. Das heißt, Sie haben sich angeboten? Ich habe viele Verlage angeschrie­ben, die alle gesagt haben: „Nein danke, möchten wir nicht!“Interessan­terweise waren das eher die Österreich­er. Die Deutschen meinten: „Why not?“Und die Leute haben meine Bücher auch gekauft. Sie werden im Februar im „Globe“mit bis zu 1400 Sitzplätze­n auftreten. Im Internet ist zu lesen: „Ab Jänner werden Josef Hader, Gernot Kulis, Kaya Yanar und ab Februar Alfred Dorfer und Michael Buchinger die Bühne bespielen.“Das sind alles große Namen. Sind Sie ein Senkrechts­tarter? Ich will nicht, dass es so wirkt, als hätte ich irgendwelc­he Abkürzunge­n genommen. Was stimmt ist, dass ich mit Kabarett erst im Herbst begonnen habe. Trotzdem habe ich mir über zehn Jahre im Internet ein gewisses Publikum aufgebaut. Aufbauen klingt nach viel Arbeit ... Ich habe halt diese Videos gemacht. Ich glaube, drei Jahre lang auch sehr ... erfolglos. Eigentlich haben nur meine Freunde zugeschaut. Das hat mir aber auch gereicht. Irgendwann habe ich dann gemerkt: Da sind auch andere Leute dabei. Als ich angefangen habe, damit Geld zu verdienen, fand ich das überhaupt sehr absurd, habe das aber natürlich begrüßt. Frei nach dem Motto: Sie waren jung und brauchten (noch) kein Geld! Wahrschein­lich ist kein Druck der beste Weg zum Erfolg. Sie haben trotzdem auch studiert. Was wurde daraus? Ich habe English and American Studies studiert und „nur“mit dem Bachelor abgeschlos­sen. Aber ich habe zur selben Zeit mein erstes Buch veröffentl­icht und dann gemerkt, das ist zu viel auf einmal. Was kann man mit einem Englisch-Studium anfangen? Nichts! Man wird Influencer! Ich dachte mir damals, ich studiere das, was mir in der Schule gelegen ist. Das war eben Englisch. Aber ich kann stundenlan­g über Jane Austen reden, wenn Sie mögen. Zuerst reden wir übers Burgenland, wo Sie herkommen. Sie haben einen sehr modernen Beruf, tragen Leopardenj­acke und lieben einen Mann. War es schwierig, auf dem Land aufzuwachs­en? Es tut mir manchmal fast leid, zu sagen, dass es nicht so war, weil viele Leute einen so schwierige­n Weg haben. Ehrlich gesagt, war es in meinem Kopf immer schwierige­r als in der Realität. Ich habe mich mit 15 viel zu früh geoutet. Aber meine Mutter hat von Anfang an sehr akzeptiere­nd reagiert. Bei meinem Vater hat es zwei Monate gedauert. Er kannte halt niemanden, der schwul ist und musste durch mich erfahren, dass wir genauso sind wie alle anderen. Und jetzt passt eh alles. Aber die Partnersuc­he im Burgenland

ALS ICH ANGEFANGEN HABE, DAMIT GELD ZU VERDIENEN, FAND ICH DAS ÜBERHAUPT SEHR ABSURD, HABE DAS ABER NATÜRLICH BEGRÜSST.

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