Kurier (Samstag)

„Ich bin einigen zu groß geworden“

ANDREAS GABALIER KONTERT IM KURIER SEINEN KRITIKERN

- VON IDA METZGER UND RICHARD GRASL FORTSETZUN­G AUF SEITE 26

Gestern der Auftritt beim Dresdner Opernball in der Semperoper als Mitternach­tseinlage inklusive Public-Viewing mit 15.000 Fans. Heute Abend nimmt Andreas Gabalier trotz heftiger Proteste in München den Karl-ValentinOr­den entgegen. Dazu kommen im Sommer gleich 14 statt zehn geplante ausverkauf­te Konzerte hinzu.

Das ist es auch, was den selbst ernannten VolksRock’n’Roller trotz der Empörungsw­elle und dem Vorwurf, er sei „homophob, frauenfein­dlich und spiele mit faschistis­chen Symbolen“, gelassen macht: seine Erfolgsser­ie. Es gehe nicht darum, ob er mit Karl Valentin zu „100 Prozent künstleris­ch auf einer Augenhöhe“stehe, sondern „diese Auszeichnu­ng bekomme ich für zehn Jahre harte Arbeit und Fleiß und eine Million verkaufte Konzertkar­ten allein im Jahr 2019“, so Gabalier. Im KURIER-Interview spricht er darüber, warum er die Empörung nicht versteht und fordert mehr Toleranz.

KURIER: Herr Gabalier, Sie selbst bedienen gerne das Empörungss­piel. Nun sind Sie mit einer Mega-Entrüstung konfrontie­rt. Nehmen Sie es gelassen, weil es zum Job gehört, oder gehen Ihnen die Vorwürfe nahe? Andreas

Gabalier: Das kann ich mir nicht gefallen lassen, deswegen starten wir kommende Woche eine Medienoffe­nsive. Aber diese Lust auf die Empörung existiert doch schon länger und ist kein neues Phänomen. Es gab eine riesige Aufregung, als Philipp Lahm im Vorjahr diesen Orden bekam. 2016 gab es die Aufregung, warum ein Bob Dylan den Literaturn­obelpreis erhält. Das schmeckt einer kleiner Szene nicht. Ich glaube, ich bin einfach einigen zu groß geworden. Mein Erfolg hat eine Dimension bekommen, den es bisher in Österreich noch nicht gab.

Also ist der Neidreflex für die Entrüstung verantwort­lich?

Woher die Empörungsw­elle kommt, weiß ich nicht genau. Aber im Prinzip schenkt man zwei Kritikern ein unglaublic­h großes Gehör. Sie werden auf die Titelseite­n geschnalzt. Dem entgegen stehen eine Million Fans, die sich Karten für meine Konzerte kaufen. Meine Kritiker kennen das Projekt Gabalier nicht. Sie kennen meine Liedtexte offensicht­lich nicht. Denn wenn man sich die Texte durchliest, dann findet man keinen Nährboden für all diese Vorwürfe. Das ist das Einzige, wo ich mich beleidigt fühle. Glauben die wirklich, dass ich so dummbin, dass ich mir diesen Erfolg mit irgendeine­m dieser Vorwürfe selbst in den Boden scharren würde?

Sind es nur Ihre Liedtexte? Oder geht es auch darum, dass Sie vom Genderwahn­sinn gesprochen haben oder sich weigern, die neue Version der Bundeshymn­e zu singen?

Die Kritik hat sich auf meine Liedtexte bezogen. Ich bin weder homophob noch frauenfein­dlich und auch nicht rechtspopu­listisch unterwegs. Aber ich kann nicht ewig eine kleine Gruppe, die aber ziemlich laut ist, auf mich einhacken lassen. MeinProjek­t ist nachdemTod meines Vaters und meiner kleinen Schwester entstanden. Ich war verzweifel­t, hatte keine Lust mehr auf die Uni. Nach den ersten kleinen Radioerfol­gen habe ich wieder Lebensfreu­de empfunden. Genau dieses Gefühl will ich transporti­eren. Mehr steckt da nicht dahinter.

Leben wir in einer Empörungsg­esellschaf­t, wo die Ränder laut aufschreie­n und die gemä- ßigte Mitte zu ruhig ist?

Man muss einmal in Relation stellen, was alles verherrlic­ht wird und als ach so politisch korrekt hochgejube­lt wird. In der Realität kommen diese Themen nicht an. Dagegen verteufelt man seit Jahren den bösen Gabalier, der angeblich an der heutigen Zeit vorbei arbeitet. Trotzdemfü­lle ich die Stadien. Also treffe ich sehr wohl den Nerv der Menschen. Offenbar sind die Menschen am Land noch halbwegs bodenständ­ig und normal – obwohl ich mich schon gar nicht mehr traue, dieses Wort in den Mund zu nehmen. Und gleichzeit­ig sollte man sich anschauen, wo die Künstler, die als politisch korrekt hochgejube­lt werden, tatsächlic­h spielen? Sie sagen Konzerte reihenweis­e ab oder treten auf Dorfbühnen bei freiem Eintritt auf. Da muss man die Kirche im Dorf lassen.

Sie selbst bezeichnen sich als konservati­v. Was ist für Sie konservati­v?

Ich weiß es nicht. Ich bin bodenständ­ig aufgewachs­en und mit einem gesunden Hausversta­nd erzogen worden. Ich habe kein Problem mit anderen Meinungen. Wenn jeder so tolerant und fleißig wäre wie ich, dann hätten wir keine Probleme innerhalb unserer Gesellscha­ft.

Haben Sie Freunde, die homosexuel­l sind?

Ja, zwei sogar. Mir ist das vollkommen wurscht. Auch meine Freunde verstehen nicht, wie es zu den Vorwürfen kommt. Ich kenne auch den Alfons Haider gut und auch in Deutschlan­d treffe ich beim TV einige Homosexuel­le. Jedes Mal haben wir eine riesige Gaudi. Eigentlich verspüre ich gar keine Lust mehr, über dieses Thema zu sprechen.

Der Nachlassve­rwalter der Familie Valentin wirft ihnen neben der Homophobie und der Frauenfein­dlichkeit auch das Spiel mit faschistis­chen Symbolen am Platten-Cover vor. Das sind drei heftige Vorwürfe. Gehen Sie eigentlich noch entspannt schlafen?

Ja sicher, das ist kein Problem. Es kommt mir aber schon eigenartig vor, wenn man drei Tage vor der Auszeichnu­ng ein Plattencov­er thematisie­rt, das acht Jahre alt ist. Zu diesem Schwachsin­n möchte ich eigentlich gar nichts mehr sagen. Von diesem Gedankengu­t, das mir hier vorgeworfe­n wird, habe ich mich oft genug distanzier­t.

Das klingt, als würde Ihnen dieser Vorwurf doch sehr nahe gehen?

Überhaupt nicht. Ich mag es nur nicht, wenn man mich als Teufel an die Wand malt, ohne dass man sich mit meinen Songtexten oder meiner Person auseinande­r gesetzt hat. Ich habe mit keiner Gruppierun­g ein Problem. Ich mache einfach mein Ding. Wie krank muss man sein, wenn man in allem etwas sucht, wo nichts da ist.

Werden Sie Ihre Provokatio­nen, von denen es ja zahlreiche gibt, in Zukunft lassen, damit Sie nicht dauernd im Kreuzfeuer der Kritik stehen?

Nein, ich bleibe bei meinem roten Faden.

„Zwei Kritikern wird Gehör geschenkt. Dem stehen eine Million Fans in den Stadien gegenüber.“Andreas Gabalier versteht die Empörung nicht „Mag nicht als Teufel an die Wand gemalt werden, ohne dass man sich mit mir auseinande­rsetzt.“Andreas Gabalier klagt an

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Andreas Gabalier nimmt heute mit großer Freude den Karl-ValentinOr­den trotz der Proteste in Empfang

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