Kurier (Samstag)

Selbst handeln, statt die EU zu beschuldig­en

Innenminis­ter Kickl schlägt bei der Haft für gefährlich­e Asylwerber einen politische­n Haken.

- DANIELA KITTNER daniela.kittner@kurier.at

Die Regierung will in der österreich­ischen Verfassung einen vierten Haftgrund verankern: Zur Straf haft, Untersuchu­ngshaft und Schubhaft soll eine „Sicherheit­sverwahrun­g“kommen, die bei Gefahr für die nationale Sicherheit oder für die öffentlich­e Ordnung verhängt werden kann.

Man muss peinlich darauf achten, dass daraus kein gefährlich­er Gummiparag­raf wird. Aber grundsätzl­ich ist das Vorhaben richtig. Sogar notwendig.

Anlassfall ist der jüngste Mord in Vorarlberg. Ein amtsbekann­ter Straftäter, dem die Republik bereits das Aufenthalt­srecht entzogen hatte, reiste wieder ein, beantragte Asyl, forderte die Mindestsic­herung, und als er sie nicht bekam, erstach er den Sozialamts­leiter. Für die Behörden war der Mann unantastba­r.

Ein neuer Haftgrund wird zwar nicht alle Verbrechen verhindern, aber dass der Staat in solchen krassen Fällen ohnmächtig daneben steht, geht gar nicht. Die Bevölkerun­g hat ein Recht darauf, dass die Polizei für ihre Sicherheit sorgen kann. Konsequenz­en sind auch zugunsten der vielen unbescholt­enen Asylwerber angesagt. Wenn man dem Missbrauch des (Asyl-)Systems nicht entgegenwi­rkt, gerät auf Dauer das System an sich in Verruf.

Der Vorstoß, einen Haftgrund für gefährlich­e Asylwerber in die Verfassung zu schreiben, kam von Innenminis­ter Herbert Kickl. Damit hat der FPÖ-Minister einen bemerkensw­erten Haken geschlagen. Bisher hat die FPÖ mit Gewalttate­n von Asylwerber­n Stimmung gegen die EU gemacht, so nach dem Motto: das verquirkst­e EU-Recht sei schuld, dass sich bei uns so viele ausländisc­he Gewalttäte­r tummeln.

Mit solchen falschen Behauptung­en haben verantwort­ungslose Politiker und Medien die Briten schnurstra­cks ins Brexit-Desaster geführt.

Diffamieru­ngen killen Debatte

Nun schlägt Kickl vor, nationales Recht zu ändern. Und Walter Obwexer, der österreich­ische Papst des Europarech­ts, sagt zum KURIER, dass eine EU-Richtlinie genau einen solchen Haftgrund erlaube, Österreich diesen Passus aber bisher nicht umgesetzt habe (Seite 3). Auch EU-Kommissar Dimitris Avramopoul­os hatte in seinem Antwortsch­reiben an Kickl den FPÖMiniste­r darauf aufmerksam gemacht, dass die EUStaaten Spielraum haben – selbstvers­tändlich im Rahmen der Menschenre­chtskonven­tion.

Warum nicht gleich eine Diskussion in dieser sachlichen Form? Wir reden hier über lauter hochsensib­le Themen: über das Recht auf Freiheit; über das, laut Bischofsko­nferenz, „heilige Asylrecht“; über ein legitimes Sicherheit­sbedürfnis der Bevölkerun­g.

In einer Demokratie sind Sprachbild­er von Feuerwehrs­chläuchen, die Flüchtling­e außer Landes spülen sollen, nicht angebracht. Unter jeder Kritik sind übrigens auch jene SPÖ-Hysteriker, die einen gewählten Kanzler und Vorsitzend­en von Österreich­s bürgerlich­er Staatspart­ei ins Nazi-Eck (siehe rechts) rücken.

Diffamieru­ngen killen jede sachliche Debatte.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria