Sicherheitsrisiko als neuer Haftgrund
Mordfall Dornbirn. Edtstadler unterstützt Kickl-Vorstoß für Sicherheitsverwahrung, aber unter strengen Auflagen
Ein Asylwerber, der sich gar nicht in Österreich hätte aufhalten dürfen, geht ins Sozialamt und tötet einen Beamten.
Die Frage, wie so etwas passieren konnte, ruft die Politik auf den Plan: Als Konsequenz aus dem Mordfall Dornbirn will Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) jetzt eine so genannte „Sicherungshaft“einführen.
Asylwerber bzw. Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot vorliegt – wie im Fall des 34-jährigen Türken in Dornbirn – sollen in Haft genommen werden können, wenn sie eine „Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“darstellen.
Derzeit gibt es in diesem Bereich ja nur Schubhaft, und auch nur dann, wenn das Asylverfahren negativ abgeschlossen ist, und eine Abschiebung bevorsteht.
Unterstützung bekommt Kickl von seinem ÖVPGegenüber Karoline Edtstadler, Staatssekretärin für Inneres. Sie sagt: „Wir haben den Fall in Vorarlberg geprüft. Die Behörden hatten nach geltender österreichischer Verfassungslage keine Möglichkeit, den betreffenden Asylwerber in Haft zu nehmen.“
Aus Kann wird Muss
Tatsächlich dürfte es in Österreich eine Gesetzeslücke geben bzw. dürften bisher nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden sein.
Die EU-Aufnahmerichtlinie erlaubt es den Mitgliedstaaten, Antragsteller in Haft zu nehmen, wenn sie als gefährlich gelten (siehe Kasten rechts), erklärt Europarechtler Walter Obwexer.
Dabei handle es sich um eine „Kann-Bestimmung“, betont Obwexer. Was Kickl jetzt plant, ist ein „Muss“, also eine fixe gesetzliche Regelung. Dafür müsste die Bundesverfassung geändert werden.
Als Grund, jemandem die Freiheit zu entziehen, müsste der von Kickl zitierte Faktor „öffentliche Sicherheit und Ordnung“einbezo- gen werden. Im Prinzip, so Obwexer, wäre ein Aufenthalts- bzw. Einreiseverbot dann ein neuer Haftgrund, der klarerweise nur für Fremde gilt.
Natürlich dürfe nicht „prophylaktisch Haft verhängt werden“, mahnt Staatssekretärin Edtstadler zur Vorsicht. „Der Rechtsstaat gilt. Jeder Fall muss individuell und streng geprüft und beurteilt werden, ob eine Gefährdung vorliegt.“Aber der Staat müsse auch „handlungsfähig sein, wenn Gefahr in Verzug ist“.
„Ablenkungsmanöver“
Für eine Verfassungsänderung ist ein Zweidrittelmehrheit im Nationalrat nötig. Türkis-Blau ist also auf Unterstützung von SPÖ oder Neos angewiesen. Innenminister Kickl macht den Oppositionsparteien Druck: „Wer die Änderung nicht mitträgt, zeigt klar, dass ihm der Schutz der Bevölkerung vor kriminellen Asylwerbern kein wahrhaftiges Anliegen ist.“
SPÖ und Neos verbuchen den Gesetzesvorschlag als „Ablenkungsmanöver“und zeigen dem Innenminister (noch) die kalte Schulter. Neos-Klubchefin Beate MeinlReisinger sagt: „Der Innenminister soll prüfen, ob seine Behörden nicht anders hätten handeln müssen oder zumindest können.“Solange nicht alle rechtlichen Fragen geklärt seien, „pfuschen wir sicher nicht mit Schnellschüssen in der Verfassung herum“.
Im Bundesrat reicht laut Parlamentarismus-Experte Werner Zögernitz eine einfache Mehrheit, um die Änderung zu bestätigen. Die SPÖ könnte ihr absolutes Veto, mit dem sie am Donnerstag in einer historischen Abstimmung die Ökostrom-Novelle gekippt hat, also nicht wiederholen. „Das geht nur bei Verfassungsmaterien, die Länderinteressen beschränken“, erklärt Zögernitz.