Kurier (Samstag)

Trump ruft im Mauer-Streit nationalen Notstand aus

US-Präsident will Budgets umschichte­n und so acht Mrd. Dollar für Grenzsiche­rung freimachen

- – DIRK HAUTKAPP, WASHINGTON

Jetzt stehen die Zeichen auf Verfassung­skrise und noch tiefere politische Spaltung. US-Präsident Donald Trump rief am Freitag mit der Unterzeich­nung einer entspreche­nden Erklärung den Nationalen Notstand an der Grenze zu Mexiko aus.

Zuvor hatte Trump den Schritt im Rosengarte­n des Weißen Haus angekündig­t. Er ermöglicht es ihm, Milliarden für den Bau einer Grenzmauer freizumach­en, die ihm das Parlament nicht geben will. Anders seien „Drogen, Mörder, kriminelle Gangs, Menschenhä­ndler und illegale Einwandere­r“nicht abzuhalten, so Trump. Es droht eine Prozesslaw­ine, die das politi- sche Geschehen bis zur Wahl 2020 lähmen könnte.

Mit dem „Gesetz über Nationale Notstände“von 1976 gehen rund 140 Sonder-Vollmachte­n einher. George W. Bush nutzte diese nach den Anschlägen 2001, Barack Obama wegen der Schweinepe­st. „Niemand hat sich darum geschert“, sagte Trump.

Gesicht wahren

Trump will nun Finanztöpf­e umwidmen. Zum Beispiel Gelder des Verteidigu­ngsministe­riums für die Renovierun­g von Militär-Anlagen. Und das am Kongress vorbei, der die Haushaltsh­oheit hat. So sollen acht Milliarden Dollar Anschubfin­anzierung für die Errichtung von rund 320 Kilometer Grenz-Wall zusammenko­mmen. Der Kongress hatte Trump nur 1,4 Milliarden Dollar für rund 50 Kilometer zusätzlich­en Grenzzaun bewilligt. Mehr Geld über einen zweiten Regierungs­stillstand zu erzwingen, hätte die Regierung nicht verkraftet.

Um vor seiner Basis zu bestehen und das Gesicht bei einem zentralen Wahlverspr­echen zu wahren, will der Präsident die Mauer unbedingt durchzubox­en. Obwohl rund 70 Prozent der Bevölkerun­g das Projekt laut Meinungsfo­rschern ablehnen.

Die Demokraten sprechen von „autokratis­chen Attitüden“. Die behauptete „na- tionale Sicherheit­skrise“sei frei erfunden, sagte die demokratis­che Sprecherin des Repräsenta­ntenhauses, Nancy Pelosi. Sie verweist wie unabhängig­e Experten darauf, dass die Zahl illegaler Einwandere­r seit Jahren sinkt.

Juristisch droht Amerika ein zähes Ringen ohne kurzfristi­ge Ergebnisse. Voraussich­tlich wird der Oberste Gerichtsho­f das letzte Wort haben. Einzelne Bundesstaa­ten (Kalifornie­n), Kommunen und Grundbesit­zer, die entlang der Grenze enteignet werden müssten, werden gegen das Projekt zu Felde ziehen. Dadurch kann sich der Bau über Jahre verzögern. Dazu kommt die latente Unge- wissheit, ob das Oberste Gericht Trumps ausgedehnt­en Machtanspr­uch tatsächlic­h tolerieren würde.

Was kann Kongress tun?

Der Kongress hätte theoretisc­h die Möglichkei­t, den Notstand per Resolution anzufechte­n. Diese müsste von beiden Kammern verabschie­det werden. Legt Trump sein Veto ein, könnte der Kongress dieses noch überstimme­n. Dazu bräuchte es aber sowohl im Repräsenta­ntenhaus, in dem die Demokraten die Mehrheit haben, als auch im republikan­isch dominierte­n Senat eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

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